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Das neue Urlaubsrecht - arbeitnehmer-anwaelte.de

Rundbrief Oktober 2012 1 Bartl & Weise / Anwaltskanzlei Ewald Bartl*, Benja Mausner*, Roman Romanowski Johannesstra e 75 70176 Stuttgart Telefon: 0711 6332430 Telefax: 0711 63324320 *) Fachanw lte f r Arbeitsrecht Die deutschlandweite Anwaltskooperation f r Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Betriebs- und Personalr te Rundbrief Nr. 19 Oktober 2012 Das neue Urlaubsrecht BAG setzt 15 Monate Verfallfrist fest Das deutsche Urlaubsrecht wird durch den Europ ischen Gerichtshof stark mo-difiziert. So hatte der EuGH in der Schultz-Hoff-Ent-schei-dung festgestellt, dass der Mindesturlaubs-anspruch des Arbeitnehmers zwar grunds tzlich verfallen k nne, nicht aber zum Beispiel bei Arbeitsunf higkeit. Insbesondere verfielen Ur-laubsanspr che dann nicht wie im deutschen Recht vorgesehen am des Folgejahres. In der sp teren Entscheidung Schulte f hrte der EuGH aber aus, dass eine tarifvertragliche Verfallfrist von 15 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres nicht zu bestanden sei.

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1 Rundbrief Oktober 2012 1 Bartl & Weise / Anwaltskanzlei Ewald Bartl*, Benja Mausner*, Roman Romanowski Johannesstra e 75 70176 Stuttgart Telefon: 0711 6332430 Telefax: 0711 63324320 *) Fachanw lte f r Arbeitsrecht Die deutschlandweite Anwaltskooperation f r Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Betriebs- und Personalr te Rundbrief Nr. 19 Oktober 2012 Das neue Urlaubsrecht BAG setzt 15 Monate Verfallfrist fest Das deutsche Urlaubsrecht wird durch den Europ ischen Gerichtshof stark mo-difiziert. So hatte der EuGH in der Schultz-Hoff-Ent-schei-dung festgestellt, dass der Mindesturlaubs-anspruch des Arbeitnehmers zwar grunds tzlich verfallen k nne, nicht aber zum Beispiel bei Arbeitsunf higkeit. Insbesondere verfielen Ur-laubsanspr che dann nicht wie im deutschen Recht vorgesehen am des Folgejahres. In der sp teren Entscheidung Schulte f hrte der EuGH aber aus, dass eine tarifvertragliche Verfallfrist von 15 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres nicht zu bestanden sei.

2 Fraglich blieb, ob diese 15-Monats-Frist ber den Einzelfall Schulte hinaus unionsrechtlich Geltung beansprucht. Hierzu hat nun im August 2012 das Bundesarbeitsgericht ent-schieden. Grunds tze Der Urlaubsanspruch ist ein Anspruch auf bezahlte Freistellung im Arbeitsverh ltnis. Er ist nicht davon abh ngig, dass eine Gegenleistung erbracht worden ist; vielmehr entsteht er nach Ablauf einer einmaligen sechsmonatigen Wartezeit jedes Jahr am um 0 Uhr in voller H he. Der Urlaub betr gt nach dem Gesetz mindestens 24 Werktage. Das sind bei einer Arbeits-verpflichtung an 5 Arbeitstagen die Woche 20 Werktage. Als Werktage gelten n mlich alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder Feiertage sind. Die Freistellung von der Arbeitsverpflichtung zu Urlaubszwecken kann nur dann erfol-gen, wenn berhaupt eine Arbeitspflicht besteht.

3 Demgem kann Urlaub grunds tzlich nicht an Feiertagen oder Sonntagen gew hrt werden. Das Gleiche gilt f r die Erkrankung 2 Rundbrief Oktober 2012 des Arbeitnehmers. Erkrankt ein Arbeitnehmer w hrend des Urlaubs, so werden die durch rztliches Attest nachgewiesenen Tage der Arbeitsunf higkeit auf den Urlaub nicht angerechnet. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer f r die Tage, an denen er arbeitsunf -hig war, Urlaub in gleichem Umfang nachfordern kann. Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gew hrt und genommen werden. Der Ur-laubsanspruch, der zum Beispiel f r das Jahr 2012 am um 0 Uhr entstanden ist, muss bis zum vom Arbeitgeber gew hrt und vom Arbeitnehmer genommen werden. Das Bundesurlaubsgesetz erlaubt eine bertragung des Urlaubs auf das n chste Kalenderjahr nur dann, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitneh-mers liegende Gr nde dies rechtfertigen.

4 Der Gesetzgeber hat hier insbesondere an die Arbeitsunf higkeit des Arbeitnehmers als in seiner Person liegenden Grund gedacht. Im Fall der bertragung muss der Urlaub nach dem BUrlG aber in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gew hrt und genommen werden. Dies bedeutet zum Bei-spiel bei Krankheit im gesamten Kalenderjahr 2012, dass der Urlaub bis zum genommen werden muss, anderenfalls verf llt er. Der Arbeitgeber tr gt nach der Konzep-tion des Gesetzes also das Risiko, dass der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr so lange krank ist, dass er seinen Urlaub nicht nehmen kann und der Urlaub nachgew hrt werden muss. Da-gegen tr gt der Arbeitnehmer das Risiko, dass auch im bertragungszeitraum bis zum des Folgejahres der Urlaub wegen Krankheit nicht gew hrt werden kann und ver-f llt.

5 Schultz-Hoff : kein kurzfristiger Verfall bei langer Krankheit So die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf Basis des Bundesurlaubsgesetzes. Demgegen ber bestimmt das europ ische Recht: Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Ma nahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Ma gabe der Bedingungen f r die Inanspruchnahme und die Gew hrung erh lt, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. (Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europ ischen Parlaments und des Ra-tes ber bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung) Diese Vorschrift l sst offen, ob der Mindestjahresurlaub im Falle der lang dauernden Ar-beitsunf higkeit des Arbeitnehmers verfallen darf. Das Landesarbeitsgericht D sseldorf legte dem Europ ischen Gerichtshof daher die Frage zur Vorabentscheidung vor.

6 In der daraufhin ergangenen Entscheidung Schultz-Hoff (2009) hat der EuGH einge-r umt, dass der Verfall des Mindestjahresurlaubsanspruchs durchaus mit europ ischem Recht vereinbar sei. Dies k nne jedoch nicht in jedem Fall angenommen werden. Insbe-sondere dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund lang dauernder Erkrankung im Urlaubs-jahr und ber den bertragungszeitraum ( des Folgejahres) hinaus daran gehindert sei, seinen Mindestjahresurlaub anzutreten, d rfe dieser nicht verfallen. Zur Begr ndung bezieht sich der EuGH auf die oben genannte Richtlinie. Die dargestellte Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH f hrte dazu, dass Arbeitnehmer, Rundbrief Oktober 2012 3 die ber Jahre arbeitsunf hig krank waren, deren Arbeitsverh ltnisse jedoch aufrechter-halten wurden, allein durch das weitere Bestehen des Arbeitsverh ltnisses jedes Jahr am den gesamten Jahresurlaubsanspruch f r das neue Kalenderjahr erwerben konnten.

7 Demgem stellte sich die Frage, ob eine unbegrenzte Anh ufung von Urlaubsanspr chen tats chlich vom EuGH gewollt war. Von Arbeitgeberseite drohte der Bruch mit der ver-breiteten Handhabung, Langzeiterkrankte weiter im Arbeitsverh ltnis zu halten, da bei Beendigung desselben die Abgeltung umfangreicher Urlaubsanspr che h tte gefordert werden k nnen. Schulte : Verfall ja, aber wie sp t? In diesem Zusammenhang legte das Landesarbeitsgericht Hamm dem EuGH einen weite-ren Fall zur Vorabentscheidung vor ( Schulte ). Dort sah ein Tarifvertrag vor, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen sollte. Der EuGH entschied im Jahr 2011, dass diese Verfallfrist mit europ ischem Recht vereinbar sei. Er erkl rte in seiner Entscheidung, dass eine unbegrenzte Addition von Urlaubsanspr chen nicht in Betracht kommen k nne.

8 Zur Begr ndung zog der EuGH die Charta der Grund-rechte der Europ ischen Union heran. Dort hei t es unter der berschrift Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen (Art. 31): (1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und w rdige Arbeitsbedingungen. (2) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der H chstarbeitszeit, auf t gliche und w chentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahres-urlaub. Mit dem in Art. 31 Abs. 2 der Charta und in Art. 7 der Richtlinie 2003/88 verankerten Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub werde der Zweck verfolgt, es dem Arbeitnehmer zu erm glichen, sich zum einen von der Aus bung seiner Aufgaben zu erholen und zum an-deren ber einen Zeitraum f r Entspannung und Freizeit zu verf gen. Der Anspruch ei-nes Arbeitnehmers, der w hrend mehrerer Bezugszeitr ume in Folge arbeitsunf hig war, auf bezahlten Jahresurlaub k nne der genannten Zweckbestimmung der Erholung nur insoweit dienen, als der bertragungszeitraum eine gewisse zeitliche Grenze nicht ber-schreite.

9 Der bertragungszeitraum m sse den Arbeitgeber zudem vor der Ansammlung von zu langen Abwesenheitszeitr umen und den Schwierigkeiten sch tzen, die sich dar-aus f r die Arbeitsorganisation ergeben k nnen. Gleichzeitig f hrte der EuGH aus, dass der bertragungszeitraum die Dauer des Bezugszeitraumes, f r den er gew hrt wird das hei t das Urlaubsjahr deutlich berschreiten m sse. Dem l sst sich entnehmen, dass die Verfallfrist stets l nger als 12 Monate sein muss. Nach dieser Entscheidung blieb aber weiter offen, wann Mindestjahresurlaubsanspr che von arbeitsunf higen Arbeitnehmern letztlich verfallen d rfen. So erweckte die Schultz-Hoff-Entscheidung zun chst den Anschein, dass eine unbegrenzte Addition von Urlaubs-anspr chen m glich ist, die ber Jahre fortgeschrieben wird. Die Schulte-Entscheidung des EuGH jedoch begrenzt diese M glichkeit, wobei aus ihr nicht eindeutig hervorgeht, ob nunmehr eine Verfallfrist von 15 Monaten ber den Einzelfall Schulte hinaus als 4 Rundbrief Oktober 2012 unionsrechtlich verbindlich anzunehmen ist.

10 Keine Frage an den EuGH Zu dieser Frage h tte das BAG dem EuGH die Frage vorlegen k nnen, wie seine Entschei-dung zu werten ist. Stattdessen hat das BAG in seiner Entscheidung vom August 2012 festgestellt, dass bei langj hrig arbeitsunf higen Arbeitnehmern 7 Absatz 3 Satz 3 BUrlG dahingehend europarechtskonform ausgelegt werden muss, dass der Mindestjahresur-laubsanspruch aus 3 BUrlG im Fall der bertragung 15 Monate nach Ablauf des Ur-laubsjahres verf llt. Erkrankt der Arbeitnehmer also zum Beispiel zu Beginn des Kalen-derjahres 2012, nachdem der volle Urlaubsanspruch f r das Urlaubsjahr 2012 am um 0 Uhr entstanden ist, und h lt diese Erkrankung auch im Kalenderjahr 2013 an, so kann der Betroffene seinen Urlaub f r das Urlaubsjahr 2012 noch bis zum nehmen.


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