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Deutscher Bundestag Drucksache 19/26107

Deutscher Bundestag Drucksache 19/26107 19. Wahlperiode Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur St rkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendst rkungsgesetz KJSG) A. Problem und Ziel Die Kinder- und Jugendhilfe hat den Auftrag, alle jungen Menschen zu st rken. Dieses weite, umfassende Verst ndnis von Kinder- und Jugendhilfe liegt dem Achten Buch Sozialgesetzbuch Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) zu-grunde.

Deutscher Bundestag19. Wahlperiode – 3 – Drucksache . 19/ 26107 . Hilfen aus einer Hand für Kinder mit und ohne Behinderungen: Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (VN-BRK) enthält die rechtlichen Anforderungen an eine inklusive Gesellschaft und damit auch an ein inklusives Sozialleistungssystem.

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1 Deutscher Bundestag Drucksache 19/26107 19. Wahlperiode Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur St rkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendst rkungsgesetz KJSG) A. Problem und Ziel Die Kinder- und Jugendhilfe hat den Auftrag, alle jungen Menschen zu st rken. Dieses weite, umfassende Verst ndnis von Kinder- und Jugendhilfe liegt dem Achten Buch Sozialgesetzbuch Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) zu-grunde.

2 Das SGB VIII weist der Kinder- und Jugendhilfe deshalb nicht nur die Aufgabe zu, Eltern bei der Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung zu un-terst tzen und junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu f rdern. Vor dem Hintergrund ihres aus dem staatlichen W chteramt (Arti-kel 6 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes) resultierenden Schutzauftrags geh rt zu den zentralen Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe auch die Abwehr von Kin-deswohlgef hrdungen. Diesem umfassenden Handlungsauftrag legt das SGB VIII die Subjektstellung der Adressatinnen und Adressaten der Kinder- und Jugend-hilfe als Paradigma zugrunde. Ein zentrales Leitbild der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII ist es also, junge Menschen und ihre Eltern nicht als Objekte f rsorgender Ma nahmen oder intervenierender Eingriffe zu betrachten, sondern sie stets als Expertinnen und Experten in eigener Sache auf Augenh he aktiv und mitgestaltend in die Hilfe- und Schutzprozesse einzubeziehen.

3 Dem Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe ist daher in s mtlichen Aufgabenfeldern immanent, Kin-der, Jugendliche, junge Vollj hrige und Eltern in der Wahrnehmung ihrer Sub-jektstellung zu unterst tzen bzw. sie hierzu zu bef higen. Damit die Kinder- und Jugendhilfe diesem komplexen Handlungsauftrag gegen- ber allen jungen Menschen auch in Zukunft gerecht werden kann, bedarf es der Weiterentwicklung ihrer rechtlichen Grundlagen. Dieser Weiterentwicklungsbe-darf wird auch im Rahmen des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD f r die 19. Legislaturperiode dargelegt. In seiner Umsetzung hat das Bundesmi-nisterium f r Familie, Senioren, Frauen und Jugend von November 2018 bis De-zember 2019 den Dialogprozess Mitreden-Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder-und Jugendhilfe durchgef hrt.

4 Dessen Ziel war es, klare Meinungsbilder zu der Frage zu erhalten, wie die Situation von jungen Menschen und ihren Familien verbessert werden kann, um auf dieser Grundlage gesetzgeberischen Handlungs-bedarf zu identifizieren und zu konkretisieren. Die Auswertung der Ergebnisse des Dialogprozesses Mitreden-Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe weist darauf hin, dass ein Weiterentwick-lungsbedarf in unterschiedlichen Aufgabenfeldern der Kinder- und Jugendhilfe besteht. Die hierf r notwendigen gesetzlichen nderungen m ssen aufeinander Drucksache 19/26107 2 Deutscher Bundestag 19.

5 Wahlperiode abgestimmt in einem Gesamtkonzept f r eine moderne Kinder- und Jugendhilfe zusammenwirken. Die damit intendierte Sicherstellung gesellschaftlicher Teil-habe f r alle Kinder und Jugendlichen setzt voraus, dass dabei vor allem diejeni-gen jungen Menschen gest rkt werden, die benachteiligt sind, die unter belasten-den Lebensbedingungen aufwachsen und die Gefahr laufen, von der sozialen Teil-habe abgeh ngt zu werden. Dieser Ma gabe folgend besteht in folgenden Berei-chen gesetzgeberischer Handlungsbedarf: Kinder und Jugendliche besser sch tzen: Der Staat muss sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche, die in seiner Verant-wortung betreut werden, gesch tzt und sicher aufwachsen. Die Regelungen zum Betriebserlaubnisverfahren und zur Aufsicht ber Einrichtungen sowie zur Zul s-sigkeit von Auslandsma nahmen m ssen st rker am Schutzbed rfnis der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet werden, die darin betreut werden oder Unterkunft erhalten.

6 Ein wirksamer Kinderschutz erfordert auch eine starke Verantwortungsgemein-schaft der hierf r relevanten Akteure. Dazu bedarf es eines engeren Zusammen-wirkens dieser Akteure, insbesondere zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und rztinnen bzw. rzten sowie Angeh rigen anderer Heilberufe. Auch die Zusam-menarbeit der Kinder- und Jugendhilfe mit Familiengerichten, Jugendgerichten und Strafverfolgungsbeh rden muss weiter gest rkt werden. Kinder und Jugendliche, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erzie-hungshilfe aufwachsen, st rken: Pflegekinder und junge Menschen in Einrichtungen der Erziehungshilfe m ssen darin best rkt werden, f r sich Verantwortung zu bernehmen, um m glichst gut auf ein selbst ndiges Leben vorbereitet zu sein.

7 Das geltende Recht zur Beteili-gung junger Menschen an den Kosten in H he von 75 Prozent ihres Einkommens wird diesem Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe nicht gerecht. Zudem m ssen junge Menschen, die in einer Einrichtung oder in einer Pflegefa-milie aufgewachsen sind, bei ihren Schritten in ein selbst ndiges Erwachsenenle-ben verbindlich begleitet und unterst tzt werden (sogenannte Careleaver ). Viele dieser jungen Menschen verf gen ber weniger stabile private Netzwerke und ge-ringere soziale und materielle Ressourcen als Gleichaltrige, die in ihren Eltern-h usern aufgewachsen sind. Sie sind anf lliger f r Wohnungslosigkeit, unterlie-gen einem erh hten Armutsrisiko und weisen beim Aufbau von Sozialbeziehun-gen meist gr ere Schwierigkeiten auf.

8 Zentral f r eine gute Entwicklung des Kindes bzw. Jugendlichen ist die Herstel-lung eines m glichst hohen Ma es an Stabilit t und Kontinuit t hinsichtlich sei-nes Lebensmittelpunktes und seiner gewachsenen Bindungen und Beziehungen zu Pflege- und Erziehungspersonen, aber nat rlich auch zu Eltern und Geschwis-tern. Um Unsicherheiten zu vermeiden, sollten Transparenz f r das Kind bzw. den Jugendlichen in allen Phasen des Hilfeprozesses hergestellt und die rechtlichen M glichkeiten des Schutzes der kindlichen Bindungen erweitert werden. Die Be-d rfnisse und Bedarfe des Kindes oder Jugendlichen bei Hilfen au erhalb der ei-genen Familie m ssen st rker in den Mittelpunkt des Beziehungsgef ges von Kind, Eltern, Pflegeeltern bzw.

9 Erziehungsperson in der Einrichtung gestellt wer-den. Damit alle Beteiligten unter dieser Pr misse zum Wohl des Kindes ihren Bei-trag leisten und auch zusammenwirken k nnen, bed rfen sie der besseren Unter-st tzung und Begleitung. Die Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen erfordert, dass auch bei Pflegeverh ltnissen Schutzkonzepte zur Anwendung kommen und ein Zugang zu Beschwerdem glichkeiten f r Pflegekinder gew hrleistet ist. Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode 3 Drucksache 19/26107 Hilfen aus einer Hand f r Kinder mit und ohne Behinderungen: Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (VN-BRK) enth lt die rechtlichen Anforderungen an eine inklusive Gesellschaft und damit auch an ein inklusives Sozialleistungssystem.

10 Die VN-BRK verlangt, alle staatlichen Ma -nahmen an einer Inklusionsperspektive auszurichten, die keine Aussonderung ak-zeptiert. Diesen Anforderungen muss auch das SGB VIII f r eine inklusive Kin-der- und Jugendhilfe entsprechen. Die Ausrichtung des SGB VIII ist in seinen Grunds tzen und seiner Zielrichtung bereits inklusiv. Allerdings m ssen die spe-zifischen Belange von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen noch st rker zum Tragen kommen. Dies impliziert eine Umgestaltung des Leistungssystems des SGB VIII dahinge-hend, dass eine individuelle, ganzheitliche F rderung aller Kinder und Jugendli-chen erm glicht wird, ohne dabei an die Kategorisierung von Kindern und Ju-gendlichen mit Behinderung, ohne Behinderung oder die Form der Beeintr chti-gung anzukn pfen.