Example: barber

h c o K Fr anz K fk : 'Gibs u ! – p Eine Interpretation i ...

Philipp Koch Franz Kafka: 'Gibs auf!' Eine Interpretation Quelle: Datum des Aufsatzes: 15. April 2002 Kontakt: Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Hermeneutische Deutung Grammatik und Syntax Metaphorik Die Stadt, die Stra en und der Bahnhof Die beiden Uhren und die Problematik des Weges Der Schutzmann 3. Fazit Anhang: Literaturliste 1 "Es war sehr fr h am Morgen, die Stra en rein und leer, ich ging zum Bahnhof. Als ich eine Turmuhr mit meiner Uhr verglich, sah ich, da es schon viel sp ter war, als ich geglaubt hatte, ich mu te mich sehr beeilen, der Schrecken ber meine Entdeckung lie mich im Weg un-sicher werden, ich kannte mich in dieser Stadt noch nicht sehr gut aus, gl cklicherweise war ein Schutzmann in der N he, ich lief zu ihm und fragte ihn atemlos nach dem Weg.

1 "Es war sehr früh am Morgen, die Straßen rein und leer, ich ging zum Bahnhof. Als ich eine Turmuhr mit meiner Uhr verglich, sah ich, daß

Information

Domain:

Source:

Link to this page:

Please notify us if you found a problem with this document:

Other abuse

Transcription of h c o K Fr anz K fk : 'Gibs u ! – p Eine Interpretation i ...

1 Philipp Koch Franz Kafka: 'Gibs auf!' Eine Interpretation Quelle: Datum des Aufsatzes: 15. April 2002 Kontakt: Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Hermeneutische Deutung Grammatik und Syntax Metaphorik Die Stadt, die Stra en und der Bahnhof Die beiden Uhren und die Problematik des Weges Der Schutzmann 3. Fazit Anhang: Literaturliste 1 "Es war sehr fr h am Morgen, die Stra en rein und leer, ich ging zum Bahnhof. Als ich eine Turmuhr mit meiner Uhr verglich, sah ich, da es schon viel sp ter war, als ich geglaubt hatte, ich mu te mich sehr beeilen, der Schrecken ber meine Entdeckung lie mich im Weg un-sicher werden, ich kannte mich in dieser Stadt noch nicht sehr gut aus, gl cklicherweise war ein Schutzmann in der N he, ich lief zu ihm und fragte ihn atemlos nach dem Weg.

2 Er l chelte und sagte: "Von mir willst du den Weg erfahren?" "Ja", sagte ich, "da ich ihn selbst nicht finden kann." "Gibs auf, gibs auf", sagte er und wandte sich mit einem gro en Schwunge ab, so wie Leute, die mit ihrem Lachen allei-ne sein wollen."1 1. Einleitung Franz Kafka, 1883 in Prag geboren und dort 1924 gestorben, ist ein herausragender Schriftsteller der Moderne in vielerlei Hinsicht. So sto en bis heute nicht nur seine literarischen Arbeiten als solche auf reges Interesse, sie bilden vielmehr gleicherma en eine Grundlage, der eine geheimnisvolle Faszination aus benden Privatperson Kafka selbst und den ihr zugeschriebenen psychischen Eigenheiten und ngsten ein wenig n her zu kommen. Die zumeist d steren Bilder, die Kafka skizziert, verweisen bei der Suche nach ihrer m glichen Bedeutung immer wieder auf das Leben des Autors zur ck. Charak-teristisch f r sein Werk ist das Groteske, das Nebeneinander von oft tieftraurig-resignierten und gleichzeitig auch ironisch-humorvollen Bildern, die zumeist ein verschlungenes Gewebe sich scheinbar widersprechender Metaphern ergeben.

3 Auf diese Weise entziehen sich gerade seine kurzen Texte in ihrem minimalistischen Sprachstil einer eindeutigen Interpretation , lassen zumeist mehrere schl ssige Lesarten nebeneinander zu, oder aber sie scheinen gar durch ihre hermetische Bildsprache uninterpretierbar. Das Aufzeigen einer berzeugenden Interpretation von Kafkas Er-z hlungen stellt gerade auch die Literaturwissenschaft vor eine Auf-gabe, der sie nicht immer ersch pfend gerecht werden kann zu mehrstimmig f r nur eine einzige 'g ltige' Auslegung, zu streitbar ist h ufig Kafkas Textmaterial und wie es auf sublime Weise sprichw rt-lich 'zwischen den Zeilen' in scheinbar einfachen Bildern verschlun-gen seine Bedeutung versteckt. Ein solches Beispiel ist Kafkas Text "Gibs auf!". Alleine schon die Kategorisierung der Textgattung f llt 1 Franz Kafka: Gibs auf!, in: Beschreibung eines Kampfes.

4 Novellen, Skizzen, Aphorismen aus dem Nachla , hrsg. v. Max Brod, Frankfurt am Main 1983, 2 nicht leicht eine Parabel, Anekdote, Kurzgeschichte? Auf dem Manuskript des Textes befindet sich eine handschriftliche Notiz Kaf-kas, die diesen lapidar als einen "Kommentar" bezeichnet; von Kafka nicht zur Ver ffentlichung vorgesehen, hatte der Text urspr nglich auch keine berschrift erst Max Brod, der ihn erstmals in Kafkas Nachlass ver ffentlichte, nannte ihn "Gibs auf!"2 Wichtiger als die formale Einordnung ist jedoch mit Sicherheit die Frage, welchen Sinn dieser kurze Text transportiert. In gerne als 'kafkaesk' bezeichneter Weise verspricht der Text eine kurze, n chterne Beschreibung einer eigentlich profanen Situation einen erkennenswerten 'tieferen Sinn' innezuhaben und verbirgt ihn dabei doch mehr, als ihn preis-zugeben. In der Forschungsliteratur fand "Gibs auf!" bislang wenig Niederschlag; neben Politzer3 (der allerdings weniger eine Interpreta-tion der Erz hlung, als die Analyse von Kafkas Bildersprache im Allgemeinen anstrebt) finden sich lediglich bei Hartmut Binder noch einige knappe Stichworte dazu4.

5 Im Folgenden soll daher eine Interpretation von "Gibs auf!" versucht werden. Im Rahmen einer klassisch-hermeneutischen Untersu-chungsmethode5 werden die im Textk rper enthaltenen Metaphern untersucht und in einen Deutungszusammenhang gestellt. 2. Hermeneutische Deutung Kafkas Erz hlung spricht auf den ersten Blick scheinbar lediglich von einem sehr trivialen Ereignis: Eine Person, die nicht n her beschrie-ben oder eingef hrt wird, befindet sich am fr hen Morgen auf dem Weg zum Bahnhof ob sie selbst verreisen will, oder aber jemanden dort abholen m chte, bleibt offen. Sie bemerkt, dass sie sich versp -tet hat und ist sich pl tzlich unsicher, welcher Weg nun tats chlich zum Bahnhof f hrt sie ist nach eigenen Angaben nicht besonders ortskundig. ngstlich, nicht rechtzeitig zum Bahnhof zu gelangen, fragt die Person einen Polizisten, dem sie begegnet, nach dem Weg. 2 vgl.

6 : Heinz Politzer: 'Gibs auf!' Zum Problem der Deutung von Kafkas Bildspra-che, in: Franz Kafka, der K nstler, G tersloh 1965, 3 4 Hartmut Binder: Kafka. Kommentar zu s mtlichen Erz hlungen, , M nchen 1982, f. 5 vgl.: Hans-Georg Gadamer: Text und Interpretation , in: Gesammelte Werke, , hrsg. v. Paul Siebeck, , T bingen 1993, ff. 3 Dieser jedoch, und sp testens hier ist der berraschende Wende-punkt der Erz hlung, reagiert seltsam anstatt der erbetenen Weg-beschreibung sagt er der Person, sie solle 'es aufgeben' und wendet sich schwungvoll ab. Dar ber, um welche Person es sich in der Erz hlung handelt etwa, ob sie m nnlich oder weiblich, jung oder alt ist usw. finden sich im Text keine Anhaltspunkte. Da er aber aus der Ich-Perspektive erz hlt wird, ist sicher die Versuchung gro , in dieser Person einen Mann Franz Kafka zu vermuten (dies ist m glicherweise auch der Grund, weshalb Politzer sehr selbstverst ndlich von einem Mann als Prota-gonisten spricht, ohne dies jedoch im Text zu belegen6).

7 Die Frage der Identit t der erz hlenden Person ist allerdings f r unsere herme-neutische Deutung nicht von Belang7: im Folgenden sollen vielmehr Grammatik und Syntax sowie die gegebenen Metaphern des Text-k rpers in ihren wechselseitigen Verflechtungen untersucht und interpretiert werden. Eine M glichkeit hierbei w re, andere Erz hlun-gen Kafkas vergleichend heranzuziehen, um mittels sich wiederho-lender Sprachbilder in einem gr eren Kontext Klarheit zu erlangen, wie Binder dies Dies widerspr che jedoch dem Gedanken einer singul ren Textautonomie der Erz hlung und setzt zudem die fragw rdige Annahme voraus, Kafka habe, einer Art 'Baukastensys-tem' gleich, in sehr vielen oder gar s mtlichen seiner Erz hlungen eine feststellbare Menge von stets gleichgemeinten Metaphern ver-wendet. Da berdies die berpr fung dieser Fragestellung und fer-ner die eigentliche Anwendung der genannten Methode den Rahmen dieser Arbeit um ein Vielfaches sprengen w rde, muss an dieser Stelle darauf verzichtet werden.

8 Grammatik und Syntax Der Text besteht aus f nf zum Teil sehr langen, parataktischen S t-zen. Sie sind in der Art einer Aufz hlung durch Kommata oder Kon-junktionen aneinandergeh ngt und enden alle jeweils mit einem 6 vgl.: H. Politzer: 'Gibs auf!' zum Problem der Deutung, 7 Es werden, wo n tig, dennoch m nnliche Formen (Protagonist; Erz hler; er) f r Verweise auf die 'Ich'-Person verwendet, um unn tige Verwirrung zu vermeiden. 8 vgl.: H. Binder: Kommentar, f. 4 Punkt. Stilistisch steht die Erz hlung der Berichtsform nahe (sieht man von den f r einen Bericht untypisch langen S tzen des Textes und der Vergangenheitsform ab): die Ereignisse werden ohne Be-wertung, in einer einfach gehaltenen Stilebene ohne rhetorisches Beiwerk, ohne Innensicht der Figuren und ohne indirekte Rede in einer vermeintlichen Objektivit t dargelegt. Der Text ist (au er der w rtlichen Rede und der Stelle ".)

9 Als ich geglaubt ") durch-g ngig im Pr teritum geschrieben. Ebenso finden (wieder mit Aus-nahme der w rtlichen Rede) durchgehend indikativische Verbformen Verwendung. Der Text setzt ein mit einem kurzen Satz einfachen Aufbaus, der in Zeit (fr hmorgens), Ort (die Stra en) und Handlung der Erz hlung einf hrt. Darauf folgt ein sehr langer Satz, dessen Glieder, durch Kommata verbunden, f nf eigenst ndige S tze in einem zusammen-fassen; durch diese 'atemlose' Aneinanderreihung wird die inhaltliche Beschreibung die Panik des Erz hlers aufgrund der unerwarteten Versp tung auch formal ausgestaltet. Es entsteht so au erdem durch die blo e, sachlich-n chterne Folge von Ereignissen vom Erz hler unbewertet gelassen der Eindruck einer kausalen Not-wendigkeit der Ereignisse: in gleicher Weise, wie sie auf den Erz h-ler einst rzen, wird auch der Leser damit konfrontiert, da diesem die Geschehnisse aus der Ich-Perspektive des Erz hlers pr sentiert werden.

10 Dies hat ebenso zur Folge, dass auch s mtliche Einsch t-zungen des Erz hlers (wie etwa die Annahme der Turmuhrzeit als die richtige im Gegensatz zur eigenen Uhrzeit) keine berpr fung oder Relativierung durch den Leser erfahren k nnen. Die inhaltliche Unabwendbarkeit der Situation korrespondiert mit der stringenten Form der Erz hlung, die kaum Sprechpausen aufweist und unerbitt-lich die Geschehnisse Satz um Satz vorantreibt. Die Verwendung einer Passivkonstruktion ("..der Schrecken ber meine Entdeckung lie mich im Weg unsicher ") unterstreicht die hilflose Lage des Erz hlers und macht sein Gef hl des Ausgeliefertseins deutlich. Der dritte und die beiden letzten S tze schildern den kurzen Dialog mit dem Schutzmann; ebenso wie das Gespr ch selbst sind sie kurz und in ihrem Aufbau einfach gehalten. Der im zweiten Satz qu lend in die L nge gedehnte Moment der Unsicherheit erf hrt in den knap- 5 pen S tzen der w rtlichen Rede wieder eine Beschleunigung.


Related search queries