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Sprache und Denken - Heidelberg University

- 1 -D rner, D. (im Druck). Sprache und Denken . In J. Funke (Ed.), Denken und Problem-l sen (=Enzyklop die der Psychologie, Themenbereich C: Theorie und Forschung,Serie II: Kognition, Band 8). G ttingen: und DenkenDietrich D rnerInstitut f r Theoretische PsychologieOtto-Friedrich-Universit tBambergSprechen ist Denken ! Sprache und Denken , wie geht das zusammen? Das ist einfach zu beant-worten. Denken ist Sprechen, ist das "innere Gespr ch der Seele mit sichselbst", wie es Platon (Sophistes 263e) formulierte. Oder an anderer Stelle:"Mir n mlich stellt sich die Sache so dar als ob die Seele, wenn sie denkt,nichts anderes tut als da sie redet, indem sie selbst sich fragt und die Fragebeantwortet und bejaht und verneint. Wenn sie aber sei es langsamer, sei esschneller vorgehend, zur Klarheit gelangt ist und, mit sich einig geworden,in ihren Behauptungen nicht mehr schwankt, dann ist sie, wie wir dies nen-nen, im Besitze einer Meinung.

und damit ist das Mit-sich-selbst-Sprechen eben das Denken. Klar, so erlebt man es ja auch. Wilhelm von Humboldt drückt es so aus: "Die Sprache ist das bildende Organ des Gedankens" (1988, S. 426). Denken hat mit Sprache nichts zu tun! Wie ist das Verhältnis von Sprache und Denken? Die Frage ist leicht zu beantworten!

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1 - 1 -D rner, D. (im Druck). Sprache und Denken . In J. Funke (Ed.), Denken und Problem-l sen (=Enzyklop die der Psychologie, Themenbereich C: Theorie und Forschung,Serie II: Kognition, Band 8). G ttingen: und DenkenDietrich D rnerInstitut f r Theoretische PsychologieOtto-Friedrich-Universit tBambergSprechen ist Denken ! Sprache und Denken , wie geht das zusammen? Das ist einfach zu beant-worten. Denken ist Sprechen, ist das "innere Gespr ch der Seele mit sichselbst", wie es Platon (Sophistes 263e) formulierte. Oder an anderer Stelle:"Mir n mlich stellt sich die Sache so dar als ob die Seele, wenn sie denkt,nichts anderes tut als da sie redet, indem sie selbst sich fragt und die Fragebeantwortet und bejaht und verneint. Wenn sie aber sei es langsamer, sei esschneller vorgehend, zur Klarheit gelangt ist und, mit sich einig geworden,in ihren Behauptungen nicht mehr schwankt, dann ist sie, wie wir dies nen-nen, im Besitze einer Meinung.

2 Ich nenne also das Meinen ein Reden unddie Meinung ein ausgesprochenes Urteil, nur nicht gegen andere und nichtlaut, sondern leise zu sich selbst." (Platon: Theaiteth 190a).Ganz hnlich Aristoteles, der Denken als F higkeit ansah, die nur diejenigen"Systeme" aufweisen, die ber Sprache verf gen und sich somit "mit sichselbst beraten k nnen"( ber die Seele, III. Buch). Dass Denken und Spre-chen dasselbe sind, k nnen wir leicht nachvollziehen. Wenn wir ber irgendetwas nachdenken, dar ber, wohin wir im n chsten Urlaub verreisensollten, so erleben wir uns mit uns selbst sprechend: "Vielleicht nach Finn-land? Da ist die Anreise zwar etwas weit, auf der anderen Seite gibt es dieunendlichen W lder und Seen und man kann allein sein. Und teuer ist esauch nicht.." So erf hrt man sich selber beim Denken ; man beschreibt sichetwas, malt sich etwas aus, fragt sich nach den Vor- und Nachteilen der ver-schiedenen Urlaubsziele und w gt sie gegeneinander ab.

3 All das geschiehtsprachlich. Also ist es doch gar keine Frage wie Sprache und Denken zu-- 2 -sammenh ngen. Denken ist eine Art von innerer Zwiesprache mit sich selbstund damit ist das Mit-sich-selbst-Sprechen eben das Denken . Klar, so erlebtman es ja auch. Wilhelm von Humboldt dr ckt es so aus: "Die Sprache istdas bildende Organ des Gedankens" (1988, S. 426). Denken hat mit Sprache nichts zu tun!Wie ist das Verh ltnis von Sprache und Denken ? Die Frage ist leicht zubeantworten! Sprache hat mit Denken berhaupt nichts zu tun! "Die Vor-stellung, Gedanken und Sprache seien ein- und dasselbe, ist gewisserma eneine konventionelle Absurdit t" meint Steven Pinker (2001, S. 67 f). DerGeist denkt vielmehr 'mentalesisch', in einer 'Gedankensprache', so hat nur eine Art von Zulieferfunktion f r den Geist.

4 Die Wahrneh-mung von Sprache vermittelt Inhalte mit denen dann gedacht wird (aberunsprachlich, eben "mentalesisch"!) Und dann braucht man die Sprachewieder f r den Abtransport der Fertigprodukte: Das was man sich ausge-dacht hat, mu gew hnlich irgendwie mitgeteilt, also gesagt oder aufge-schrieben werden. Aber das "eigentliche" Denken findet unsprachlich,'mentalesisch', statt. Und diese Auffassung teilt Pinker mit Albert Ein-stein: "Die Worte oder die Sprache , in schriftlicher oder gesprochener Form,scheinen in meinem Denkmechanismus keine Rolle zu spielen". Ganz imEinklang damit meinte Sir Francis Galton: "Es ist f r mich ein ernstes Hin-dernis beim Schreiben und noch mehr beim m ndlichen Erkl ren, da ichmit Worten nicht so leicht denke wie sonst". Und Schopenhauer erkl rtedrastisch: ".

5 , da Gedanken in dem Moment sterben, da sie durch Worteverk rpert werden". Faraday dachte, hnlich wie Einstein, in Vorstellungs-bildern (also unsprachlich) und sah die magnetischen Kraftlinien als eineArt gebogener R hren im Raum (Pinker, 2001, S. 83).Wie kommt es zu derart divergierenden Auffassungen bei Menschen, dieallesamt ein enges Verh ltnis zum Denken hatten, weil sie dies Gesch ftselbst emsig betrieben und die gleichfalls ein enges Verh ltnis zur Sprachehatten. Wie kann es sein, da die einen das Sprechen mit dem Denkengleichsetzen, wohingegen die anderen meinen, da das Sprechen mit demDenken nichts zu tun hat, ja es sogar oft behindere?Nat rlich gibt es zu dieser Frage auch Ergebnisse der psychologischen For-schung. Zur Erforschung des Denkablaufs verwendet man seit langer Zeitdie Methode des 'Lauten Denkens'.

6 Dieses besteht darin, da man Versuchs-- 3 -personen auffordert, w hrend eines Denk- oder Probleml seprozesses alles,was ihnen durch den Kopf geht, laut zu u ern. Man stellte recht bald fest,da die Beobachtungsmethode des 'Lauten Denkens' den Denkvorgangselbst ver ndert. Wenn man zwei Gruppen von Versuchspersonen die glei-chen Probleme gibt und l t die eine 'laut Denken ', die andere aber nicht, sounterscheiden sich die beiden Gruppen. Meist hilft das laute Denken ( , 1989). Die Menschen, die man auffordert, laut zu Denken , denkenklarer und produzieren bessere L sungen. Das ist aber nicht immer der Fall,mitunter hindert das laute Denken (Phelan, 1965). Wie kann das sein?Verbietet man Versuchspersonen das laute und auch das leise Sprechenbeim Denken und sagt ihnen, da sie bitte doch jeglichen lauten oder auchleisen Sprechakt beim Denken unterdr cken sollen, dann h rt es mit demDenken ganz auf.

7 Versuchspersonen k nnen diese Anweisung nicht befol-gen, selbst wenn sie es wollen. Der Versuch aber, dieser Anweisung zu fol-gen, f hrt zu einer Verschlechterung des gesamten Denkprozesses (Bartl &D rner, 1998).Das Verh ltnis von Sprache und Denken l t sich also anscheinend nichtauf eine einfache Formel zu bringen. Weder scheint man sagen zu k nnen,da Denken = Sprechen ist, noch aber scheint es berechtigt zu sein, dieRolle des Sprechens f r das Denken ganz zu leugnen, wie es Pinker nahe-zuliegen nun alle diese Widerspr che ber das Verh ltnis von Sprache und Den-ken aufzukl ren, wollen wir uns das Denken als Proze genauer wollen uns berlegen, was eigentlich abl uft, wenn man denkt. Aufdiese Weise werden wir sehen, da man die gerade zitierten Widerspr chesehr wohl zusammenbringen kann.

8 Eine genaue Analyse sowohl des Denk-als auch des Sprechvorganges l st die Widerspr che auf. Denken istsprachlich und ohne Sprache kaum m glich. Und Denken ist unsprachlich,hat mit der Sprache nichts zu tun. Das geht zusammen! Auch wenn man daszun chst nicht Denken zu k nnen ist Denken ?Was ist Denken ? Denken ist ein Produktionsproze . Es produziert Pl ne und"Weltsichten". Pl ne sind m gliche Wege zu einem Ziel. Denken als- 4 -Planproduktion, als Probleml sen, ist in der Psychologie am meisten be-achtet worden. Probleml sen besteht darin, da man einen Weg findet voneinem Startpunkt zu einem Ziel. Allerdings ist nicht jedes Finden eines We-ges Probleml sen. Ein Problem liegt dann vor, wenn man den Weg zun chstnicht kennt. Denken als Probleml sen besteht darin, da man m gliche We-ge produziert.

9 Wenn man sich an den Weg zu einem Ziel nur erinnern mu ,da man ihn schon kennt, so ist das kein Denken , sondern "nur" Erinnern! Auf der anderen Seite sind Erinnerungsprozesse Bestandteile des liefern das stellt sich das Probleml sen oft als Suche in einem Such- oder Prob-lemraum vor. Einen "Problemraum" kann man sich so vorstellen wie in Ab-bildung 1 dargestellt. Ein Problemraum ist ein Netzwerk und solche Netz-werke stellt man gerne als ST-Diagramme (State-Transition Diagramme)vor. Die einzelnen Punkte im Netzwerk bedeuten "Zust nde" oder Situatio-nen oder Objekte; die Pfeile, die von einem Punkt zu einem anderen f hren,bedeuten Operatoren oder Ma nahmen oder Aktionen, durch die man voneinem Objekt zum anderen 1: Ein Such- oder einem solchen Netzwerk stellt sich das Backen eines Napfkuchens dar alsein bergang von einem "Anfangszustand" zu einem "Zielzustand" bermehrere Zwischenstationen.

10 Zuerst hat man Mehl und Hefe und Milch; dasist die Situation 1. Dann bringt man das alles zusammen, indem man eineMulde im Mehl formt, die Hefe hineinbr ckelt, und das Ganze mit ein we-nig Milch bergie t. So kommt man zu einem "Vorteig". Den l t man dann- 5 -"gehen" (n chste Operation), um ihn dann schlie lich zu verr hren. Dannhat man den Teig. Dann kippt man noch Rosinen hinein und dann ist dieganze Sache soweit, um in den Ofen geschoben zu werden. (Man sollte dieRosinen vorher einr hren, sonst bilden sie einen dicken Klumpen und dasw re nicht so sch n!) Die L sung eines Problems ist also die Aneinander-reihung bestimmter Operationen, die schlie lich zu einem Ziel f ist nicht nur Probleml sen. Vielmehr produziert es auch Weltsich-ten. Und solche Weltsichten und ihre Ver nderungen sind oft die Vorausset-zungen f r das Probleml sen.


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