Example: air traffic controller

Verzugsauslösende Mahnung: Warum …

Nr. 73 Verzugsausl sende Mahnung: Warum Voraussetzungder F lligkeit der Forderung?In: "Wege zur Globalisierung des Rechts", Festschrift f rRolf A. Sch tze zum 65. Geburtstag, hrsg. von Reinhold Geimer,M nchen (C. H. Beck) 1999S. 163-174 Verzugsausl sende Mahnung: Warum Voraussetzungder F lligkeit der Forderung?I. Zum Verzug (mora) allgemeinDer Verzug des Schuldners stellt eine eigent mliche Institution dar, die in denr mischen Quellen ihren Ursprung hat und in der romanistischen Literatur derRezeptionszeit ihre abschlie ende Ausbildung erfuhr. Die heute feststehendenElemente wie auch die noch offenen Fragen sind dort bereits vollumf die Bedeutung des auf uns gekommenen romanistischen Erbgutes zu erkennengen gt jeweils ein Blick in Richtung der englischen Tradition, in welcher r mischeEinfl sse Ausnahmen darstellen.

Nr. 73 Fälligkeit der Forderung bei Mahnung {163-174} 166 könnte auch in der Eindeutigkeit der normativen Aussage von § 284 Abs. 1

Information

Domain:

Source:

Link to this page:

Please notify us if you found a problem with this document:

Other abuse

Transcription of Verzugsauslösende Mahnung: Warum …

1 Nr. 73 Verzugsausl sende Mahnung: Warum Voraussetzungder F lligkeit der Forderung?In: "Wege zur Globalisierung des Rechts", Festschrift f rRolf A. Sch tze zum 65. Geburtstag, hrsg. von Reinhold Geimer,M nchen (C. H. Beck) 1999S. 163-174 Verzugsausl sende Mahnung: Warum Voraussetzungder F lligkeit der Forderung?I. Zum Verzug (mora) allgemeinDer Verzug des Schuldners stellt eine eigent mliche Institution dar, die in denr mischen Quellen ihren Ursprung hat und in der romanistischen Literatur derRezeptionszeit ihre abschlie ende Ausbildung erfuhr. Die heute feststehendenElemente wie auch die noch offenen Fragen sind dort bereits vollumf die Bedeutung des auf uns gekommenen romanistischen Erbgutes zu erkennengen gt jeweils ein Blick in Richtung der englischen Tradition, in welcher r mischeEinfl sse Ausnahmen darstellen.

2 Zu diesen (insgesamt nicht h ufig aufzusp renden)Ausnahmen geh rt der Verzug nicht: Im englischen Sprachbereich ist dasVerzugsph nomen nicht bekannt, ja es lassen sich kaum Termini finden, um die Sachekorrekt zu umschreiben: delay wie default bezeichnen allein das Faktum derobjektiven Leistungsverz gerung; erfa t werden weder die neben derLeistungsverz gerung vorausgesetzten zus tzlichen Bedingungen noch die typischen,mit dem Verzug verkn pften rechtlichen Folgen. Das Vertragsrecht des englischenSprachbereichs ist in Bereich der Nichterf llung beherrscht von der Vorstellung desbreach of contract, des Vertragsbruchs, der den Vertrag zu einem Ende bringt, dieNichterf llungssanktionen ausl st und dem Schuldner konsequenterweise dienachtr gliche Erf llung die kontinentale Rechts berlieferung: Das Institut des Verzugs wird nichtallein durch objektive Leistungsverz gerung ausgel st, sondern setzt ein zus tzlichesverzugsausl sendes Requisit voraus: Das Erinnertwerden des Schuldners an seineLeistungspflicht und gleichzeitig die ihm zukommende Best tigung, da der Gl ubigeram Vertrag festh lt und auf Erf llung besteht.

3 Dieses subjektive Element besteht imidealtypischen Fall in der Mahnung (der interpellatio in romanistischer Diktion), dievom Schuldner die geschuldete Vertragsleistung fordert, deren schuldnerbezogenesubjektive Wirkung aber auch bereits durch explizite Absprache im urspr nglichenVertrag bereits vorweggenommen werden kann (die Absprache eines genau fixiertenLeistungstermins, so da man dann sagen kann, dieser Leistungstermin mahne schonals solcher:Nr. 73F lligkeit der Forderung bei Mahnung{163-174}164dies interpellat pro homine, wie die in der Rezeptionszeit gepr gte Formel lautet). DerVerzug erlangt indessen seine Bedeutung durch die an ihn gekn pften Folgen: Denbisher nicht erf llt habenden Schuldner treffen zwar bestimmte Sanktionen(Ersatzpflicht f r Versp tungsschaden, Risikotragung), der Vertrag bleibt aberweiterhin aufrecht und der Schuldner ist wie bisher zur Erbringung der prim renvertraglich vereinbarten Leistung berechtigt und Verzug, die mora des r mischen Rechts, ist eine von Grund auf humaneEinrichtung, die menschlicher Schw che Rechnung tr gt.

4 Sie ber cksichtigt aber auchdie zu wenig beachtete Tatsache, da es nicht allzu selten ist, da zwar ein Vertrag miternsthaftem Bindungswillen geschlossen wird, im nachhinein indessen der eine oderbeide Partner das Interesse an ihrer Abmachung verlieren und sie vielleichtstillschweigend dem Vergessen anheimgeben wollen. Sind die Voraussetzungen einesderartigen Vertragsmodells nicht zum vornherein ausgeschlossen (eben weil z. B. eingenauer Erf llungszeitpunkt vereinbart wurde), so hat es guten Grund, Sanktionen nurunter der Voraussetzung eintreten zu lassen, da der an der Vereinbarung festhaltendePartner seinen Vertragswillen erneut deklariert und den Gegner zur Vertragserf Die Voraussetzung der F lligkeit der Schuld als Voraussetzungwirksamer Inverzugsetzung nach 284 Abs. 1 BGB 284 Abs.

5 1 Satz 1 BGB lautet: "Leistet der Schuldner auf eine Mahnung desGl ubigers nicht, die nach dem Eintritt der F lligkeit erfolgt, so kommt er durch dieMahnung in Verzug."Vor einl licher W rdigung doch die Feststellung, da unter allgemeinenvertragsrechtlichen Grunds tzen die genannte Regel berrascht und eineerkl rungsbed rftige Ausnahme von allgemeinen Grunds tzen Erkl rungen, die erst in einem sp teren Zeitpunkt, d. i. nach Eintrittderen Voraussetzungen, ihre Wirkung entfalten, sind in jeder von bertriebenemFormalismus emanzipierten Rechtsordnungen zul ssig und haben heute gr erepraktische Verbreitung als je: Eine K ndigungserkl rung, wenn vor demK ndigungstermin ausgesprochen, ist zwar zur Zeit unbegr ndet, entfaltet abertrotzdem auf n chstm glichen Zeitpunkt ihre Wirkung. Die Abtretung k nftiger(derzeit noch nicht f lliger, wenn nicht gar nicht einmal im Entstehen begriffener)Forderungen, die heute vielerorts fast allzu gro z gig alsNr.

6 73F lligkeit der Forderung bei Mahnung{163-174}165wirksam akzeptiert wird, l t sich ebenfalls dogmatisch nicht anders begr nden dennals vorweggenommene Abgabe einer Erkl rung, deren rechtliche Voraussetzungen erstsp ter verwirklicht sein werden. Die heute herrschende Lehre scheint die Mahnung berwiegend nicht als Rechtsgesch ft zu qualifizieren, in welchem Punkt allerdingsder historische Gesetzgeber von der entgegengesetzten Auffassung ausging1. Wie demauch sei: es ist nicht einzusehen, weshalb die Mahnung, ob als Rechtsgesch ft oder alssonstige rechtserhebliche Willenserkl rung eingestuft, mit dieserG ltigkeitsvoraussetzungen zu belasten sei, die in anderen Zusammenh ngenunbekannt Literatur und Praxis zu 284 Abs. 1 BGBEinl liche wissenschaftliche Stellungnahmen zu der hier aufgeworfenen Fragesind nicht bekannt; jedenfalls werden in den konsultierten Kommentaren zu 284 BGB keine solchen vermerkt.

7 Diese stellen die Voraussetzung der F lligkeit dervon der Mahnung betroffenen Forderung weitgehend bereinstimmend dar und haltenfest, da auch nachtr glicher Eintritt der F lligkeit nicht die vorangehende Mahnungwirksam machen und Verzug ausl sen k nne2. Die von den genanntenKommentatoren zitierten Entscheidungen bringen keine neuen Gesichtspunkte, ja dievermerkten Entscheidungen betreffen kaum je die im Gesetz festgeschriebene unddaher nicht kontroverse Ung ltigkeit der vor F lligkeitseintritt ausgesprochenenMahnung, sondern beziehen sich auf andere Elemente. So wird vorab festgehalten, da Mahnung mit einer die F lligkeit erst ausl senden Erkl rung (z. B. Wahlerkl rung)verbunden werden k nne3; andere Entscheidungen betreffen die Frage, ob Mahnung berhaupt notwendig sei, ohne unter Zeitaspekten deren G ltigkeit zu pr darf festgehalten werden, da die hier thematisierte Frage kaumeinl liche Doktrin noch Gerichtspraxis veranla t hat.

8 Damit ist die praktischeBedeutungslosigkeit allerdings nicht erstellt; das Stillschweigen 1 Vgl. Motive zu dem Entwurf eines BGB, Bd. II, S. 58: "Die Mahnung ist ein einseitigesRechtsgesch ft des Gl ubigers gegen ber dem Schuldner, auf welches die allgemeinen Vorschriften ber derartige Rechtsgesch fte Anwendung finden."2 Konsultiert wurden, jeweils zu 284 BGB: THODE in M Ko, Rdn. 35; HEINRICHS in Palandt,Rdn. 1; WIEDEMANN in Soergel / Siebert, Rdn. 29; L WISCH in Staudinger, Rdn. So RGZ 50, 255 Vgl. etwa BGHZ 77, 60 ff.; BGH NJW-RR 1996, 57; BGH WM 1970, S. 1141 73F lligkeit der Forderung bei Mahnung{163-174}166k nnte auch in der Eindeutigkeit der normativen Aussage von 284 Abs. 1 begr Ausl ndische RegelungenDer deutsche Gesetzgeber ist mit seiner F lligkeitsvoraussetzung nicht inzahlreicher Gesellschaft: Der franz sischen Code Civil kn pft in Art.

9 1139 dieMahnung an gewisse Formalit ten: ("sommation ou autre acte quivalent" bedeutetwohl Leistungsaufforderung durch Gerichtsbeamten; im Handelsverkehr gen gteinfache Schriftform5). statuiert indessen keine weiteren Voraussetzungen derG ltigkeit der Mahnung. Auf dieser Linie bleiben wohl die meisten romanisch-sprachigen Kodifikationen. Hier seien nur die beiden j ngsten der nach dem BGBentstandenen Gesetzb cher erw hnt: Der italienische Codice Civile von 1942 l tVerzug eintreten durch "intimazione o richiesta fatta per iscrito" (gerichtliche oderschriftliche Leistungsaufforderung); der portugiesische C digo Civil von 1966(Art. 805 Abs. 1) verlangt gerichtliche oder au ergerichtliche deutschen Sprachbereich sind ebenfalls eindeutige Vorbilder nicht vorhanden:Das sterreichische ABGB verlangt (f r Zahlungen) "gerichtliche oderau ergerichtliche Einmahnung" ( 1334): F lligkeit wird f r die Wirksamkeit der"Einmahnung" nicht vorausgesetzt.

10 Weniger eindeutig sind allerdings die Verh ltnisseunter dem schweizerischen OR, denn dieses sagt in Art. 102 Abs. 1: "Ist eineVerbindlichkeit f llig, so wird der Schuldner durch Mahnung des Gl ubigers inVerzug gesetzt." Nach in der Schweiz heute herrschender Lesart bedeutet dieF lligkeitsvoraussetzung dieser Bestimmung indessen nicht mehr als dieSelbstverst ndlichkeit, da die Verzugswirkungen erst mit F lligkeit Der historische Hintergrund des F lligkeitserfordernissesvon 284 Abs. 1 BGB1. Romanistische berlieferungIst die hier thematisierte Einschr nkung der Inverzugsetzungsm glichkeit auf denZeitpunkt nach Eintritt der F lligkeit blo von beschr nkter 5 Vgl. FERID, Das franz sische Zivilrecht, Bd. 1, 1971, S. 499 unter 2 C 80 So BGE 103 II 105 und zahlreiche neuere Autoren.