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LV Schl sseltexte zum NS: Hitlers Friedensrede , 17. Mai 1933 1 Kurt Bauer Lehrveranstaltung Schl sseltexte und -dokumente zur Geschichte des Nationalsozialismus Universit t Wien, Institut f r Zeitgeschichte, WS 2008/09 Hitlers Friedensrede vom Mai 1933 Rede des deutschen Reichskanzlers Adolf Hitler am 17. Mai 1933 im Reichstag Abgeordnete, M nner und Frauen des Deutschen Reichstages! Namens der Reichsregierung habe ich den Reichstagspr sidenten gebeten, den Reichstag einzuberufen, um vor diesem Forum zu den Fragen Stellung zu nehmen, die heute nicht nur unser Volk, sondern die ganze Welt bewegen. Die ihnen bekannten Probleme sind von so gro er Bedeutung, da von ihrer gl cklichen L sung nicht nur die politische Befriedigung, sondern auch die wirtschaftliche Rettung aller abh ngt. Wenn ich dabei f r die Deutsche Regierung dem Wunsche Ausdruck gebe, ihre Behandlung der Sph re jeder Leidenschaftlichkeit zu entziehen, dann geschieht es nicht zum geringsten in der alle beherrschenden Erkenntnis, da die Krise der heutigen Zeit ihren tiefsten Ursprung selbst nur jenen Leidenschaften zu verdanken hat, die nach dem Kriege die Einsicht und die Klugheit der V lker verdunkelt haben.

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1 LV Schl sseltexte zum NS: Hitlers Friedensrede , 17. Mai 1933 1 Kurt Bauer Lehrveranstaltung Schl sseltexte und -dokumente zur Geschichte des Nationalsozialismus Universit t Wien, Institut f r Zeitgeschichte, WS 2008/09 Hitlers Friedensrede vom Mai 1933 Rede des deutschen Reichskanzlers Adolf Hitler am 17. Mai 1933 im Reichstag Abgeordnete, M nner und Frauen des Deutschen Reichstages! Namens der Reichsregierung habe ich den Reichstagspr sidenten gebeten, den Reichstag einzuberufen, um vor diesem Forum zu den Fragen Stellung zu nehmen, die heute nicht nur unser Volk, sondern die ganze Welt bewegen. Die ihnen bekannten Probleme sind von so gro er Bedeutung, da von ihrer gl cklichen L sung nicht nur die politische Befriedigung, sondern auch die wirtschaftliche Rettung aller abh ngt. Wenn ich dabei f r die Deutsche Regierung dem Wunsche Ausdruck gebe, ihre Behandlung der Sph re jeder Leidenschaftlichkeit zu entziehen, dann geschieht es nicht zum geringsten in der alle beherrschenden Erkenntnis, da die Krise der heutigen Zeit ihren tiefsten Ursprung selbst nur jenen Leidenschaften zu verdanken hat, die nach dem Kriege die Einsicht und die Klugheit der V lker verdunkelt haben.

2 Denn alle die heutige Unruhe verursachenden Probleme liegen in den M ngeln des Friedens-vertrages begr ndet, der es nicht vermochte, die wichtigsten und entscheidendsten Fragen der damaligen Zeit f r alle Zukunft berlegen, klar und vern nftig zu l sen. Weder die nationalen noch die wirtschaftlichen oder gar die rechtlichen Angelegenheiten und Forderungen der V lker sind durch diesen Vertrag in einer Weise gel st worden, da sie vor der Kritik der Vernunft f r alle Zeiten bestehen k nnten. Es ist daher verst ndlich, da der Gedanke einer Revision nicht nur zu den dauernden Begleiterscheinungen der Auswirkungen dieses Vertrages geh rt, sondern die Revision sogar von seinen Verfassern als n tig vorausgesehen wurde und daher im Vertragswerk selbst eine rechtliche Verankerung fand. Wenn ich hier kurz auf die Probleme eingehe, die dieser Vertrag h tte l sen sollen, dann geschieht es deshalb, weil durch das Versagen auf diesen Gebieten sich zwangsl ufig die LV Schl sseltexte zum NS: Hitlers Friedensrede , 17.

3 Mai 1933 2 sp teren Situationen ergeben mu ten, unter denen die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen der V lker seitdem leiden. Die politischen Probleme sind folgende: Durch viele Jahrhunderte entstanden die europ ischen Staaten und ihre Grenzziehungen aus Auffassungen heraus, die nur innerhalb eines ausschlie lich staatlichen Denkens lagen. Mit dem siegreichen Durchbruch des nationalen Gedankens und des Nationalit ten-Prinzips im Laufe des vergangenen Jahr-hunderts wurden infolge der Nichtber cksichtigung dieser neuen Ideen und Ideale durch die aus anderen Voraussetzungen heraus entstandenen Staaten die Keime zu zahlreichen Konflikten gelegt. Es konnte nach Beendigung des gro en Krieges keine h heren Aufgaben f r eine wirkliche Friedenskonferenz geben als in klarer Erkenntnis dieser Tatsache eine Neugliederung und Neuordnung der europ ischen Staaten vorzunehmen, die diesem Prinzip im h chstm glichen Umfang gerecht wurde. Je klarer durch diese Regelung die Volksgrenzen sich mit den Staatsgrenzen deckten, um so mehr mu te damit eine gro e Reihe von k nftigen Konfliktsm glichkeiten aus der Welt geschafft werden.

4 Ja, diese territoriale Neugestaltung Europas unter Ber cksichtigung der wirklichen Volksgrenzen w re geschichtlich jene L sung gewesen, die mit dem Blick in die Zukunft vielleicht f r Sieger und Besiegte die Blutopfer des gro en Krieges als doch nicht ganz vergebliche h tte erscheinen lassen k nnen, weil durch sie der Welt die Grundlagen f r einen wirklichen Frieden gegeben worden w ren. Tats chlich entschlo man sich aber teils aus Unkenntnis, teils aus Leidenschaft und Ha zu L sungen, die ewig den Keim neuer Konflikte schon in ihrer Unlogik und Unbilligkeit tragen. Folgende waren die wirtschaftlichen Probleme, die dieser Konferenz zur L sung vorlagen: Die gegenw rtige wirtschaftliche Situation Europas ist gekennzeichnet durch die berv lkerung des europ ischen Westens und durch die Armut des Bodens dieser Gebiete an gewissen Rohstoffen, die gerade in jenen Gebieten mit alter Kultur dem dort gewohnten Lebens-Standard unentbehrlich sind.

5 Wollte man eine gewisse Befriedung Europas f r menschlich absehbare Zeit herbeif hren, dann mu te man. statt der unfruchtbaren und gef hrlichen Begriffe wie Bu e, Strafe, Wiedergutmachung usw. die tiefe Erkenntnis verfolgen und ber cksichtigen, da mangelnde Existenzm glichkeit immer eine Quelle von V lkerkonflikten gewesen ist. Statt den Gedanken der Vernichtung zu predigen, mu te man eine Neuordnung der internationalen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen vornehmen, die den Existenznotwendigkeiten der einzelnen V lker im h chstm glichen Umfange gerecht wurde. Es ist nicht weise, die wirtschaftlichen Lebensm glichkeiten einem Volke zu entziehen ohne R cksicht darauf, da die davon abh ngige Bev lkerung darauf angewiesen ist, in diesem Gebiete weiterhin zu leben. Die Meinung aber, durch die wirtschaftliche Vernichtung eines 65-Millionen-Volkes anderen V lkern einen n tzlichen Dienst zu erweisen, ist eine unsinnige. Sehr bald w rden die V lker, die so verfahren wollten, nach den nat rlichen Gesetzen von Ursache und Wirkung sp ren, da sie derselben Katastrophe zugef hrt werden, die sie dem einen Volke bereiten wollten.

6 Der Gedanke der Reparationen und ihrer Durchf hrung wird einmal in der V lkergeschichte ein Schulbeispiel daf r sein, wie sehr die Au erachtlassung der internationalen Wohlfahrt allen sch dlich sein kann. Tats chlich konnte die Reparationspolitik nur vom deutschen Export bezahlt werden. Im gleichen Ausma , wie Deutschland wegen der Reparationen als internationales Export-unternehmen betrachtet wurde, mu te aber der Export der Gl ubigerstaaten leiden. Der wirtschaftliche Nutzen der Reparationszahlungen konnte daher in keinem Verh ltnis zu dem Schaden stehen, der den Einzelvolkswirtschaften mit den Reparationen zugef gt wurde. LV Schl sseltexte zum NS: Hitlers Friedensrede , 17. Mai 1933 3 Der Versuch, eine solche Entwicklung dadurch abzuwenden, da eine Beschr nkung des deutschen Exports durch Kreditgew hrungen zur Erm glichung der Zahlungen ausgeglichen wurde, war wenig umsichtig und im Endergebnis falsch. Denn die Umschuldung der politischen in private Verpflichtungen f hrte zu einem Zinsdienst, dessen Erf llung zu denselben Ergebnissen f hren mu te.

7 Das Schlimmste aber war, da die Entwicklung des binnenwirtschaftlichen Lebens k nstlich gehemmt und vernichtet wurde. Der Kampf auf den Weltabsatzm rkten durch dauernde Preisunterbietungen f hrte zu einer berspitzung der Rationalisierungsma nahmen in der Wirtschaft. Die Millionen unserer Arbeitslosen sind das letzte Ergebnis dieser Entwicklung. Wollte man aber die Reparationsverpflichtungen auf Sachlieferungen beschr nken, dann mu te dies zu einer nicht minder gro en Sch digung der Binnenerzeugung der also begl ckten V lker f hren. Denn Sachlieferungen in dem in Frage kommenden Umfange sind nicht denkbar, ohne den Bestand der eigenen Produktionen der V lker auf das st rkste zu gef hrden. Es ist die Schuld des Versailler Vertrages, eine Zeit eingeleitet zu haben, in der finanzielle Rechenkunst die wirtschaftliche Vernunft umzubringen scheint. Deutschland hat diese ihm auferlegten Verpflichtungen trotz der ihnen innewohnenden Unvernunft und der vorauszusehenden Folgen geradezu selbstm rderisch treu erf llt.

8 Die internationale Wirtschaftskrise ist der unumst liche Beweis f r die Richtigkeit dieser Behauptung. Der Gedanke der Wiederherstellung eines allgemeinen internationalen Rechtsempfindens ist durch den Vertrag nicht minder vernichtet worden. Denn um die gesamten Ma nahmen dieses Ediktes zu motivieren, mu te Deutschland zum Schuldigen gestempelt werden. Dies ist ein ebenso einfaches wie allerdings unm gliches Verfahren. In Zukunft wird also die Schuld an Auseinandersetzungen immer der Besiegte tragen; denn der Sieger hat ja immer die M glichkeit, diese Feststellung einfach zu treffen. Dieser Vorgang f hrte deshalb zu furchtbarer Bedeutung, weil er damit zugleich eine Begr ndung gab f r die Umwandlung eines am Ende dieses Krieges vorhandenen Kr fte-verh ltnisses in eine dauernde Rechtsform. Die Begriffe Sieger und Besiegte wurden damit f rmlich zum Fundament einer neuen internationalen Rechts- und Gesellschaftsordnung gemacht. Die Disqualifizierung eines gro en Volkes zu einer Nation zweiten Ranges und zweiter Klasse wurde in einem Augenblick proklamiert, in dem ein Bund der Nationen aus der Taufe gehoben werden sollte.

9 Diese Behandlung Deutschlands konnte in der Folge nicht zu einer Befriedung der Welt f hren. Die damit f r n tig erachtete Abr stung und Wehrlosmachung der Besiegten, ein in der Geschichte europ ischer Nationen unerh rter Vorgang, war, noch weniger geeignet, die allgemeinen Gefahren und Konflikte zu vermindern, sondern f hrte nur in den Zustand jener ewigen Drohungen, Forderungen und Sanktionen, die als fortdauernde Unruhe und Unsicherheit zum Grabe der gesamten Wirtschaft zu werden drohen. Wenn im V lkerleben jede berlegung hinsichtlich des Risikos bei bestimmten Handlungen ausf llt, wird nur zu leicht die Unvernunft ber die Vernunft siegen. Der V lkerbund hat zum mindesten bisher gerade den Schwachen, Nichtger steten bei solchen Anl ssen keine merkliche Hilfe zukommen zu lassen vermocht. Vertr ge, die zur Befriedung des Lebens der V lker unter-einander abgeschlossen werden, haben nur dann einen inneren Sinn, wenn sie von einer wirklichen und aufrichtigen Gleichberechtigung aller ausgehen.

10 Gerade darin liegt die Hauptursache der seit Jahren die Welt beherrschenden G rung. LV Schl sseltexte zum NS: Hitlers Friedensrede , 17. Mai 1933 4 Da aber die heute vorliegenden Probleme eine vern nftige und endg ltige L sung erfahren, liegt im Interesse aller. Kein neuer europ ischer Krieg w re in der Lage, an Stelle der unbefriedigenden Zust nde von heute etwas Besseres zu setzen. Im Gegenteil, weder politisch noch wirtschaftlich k nnte die Anwendung irgendeiner Gewalt in Europa eine g nstigere Situation hervorrufen, als sie heute besteht. Selbst bei ausschlaggebendem Erfolg einer neuen europ ischen Gewaltl sung w rde als Endergebnis eine Vergr erung der St rung des europ ischen Gleichgewichts eintreten und damit so oder so der Keim f r sp tere neue Gegens tze und neue Verwicklungen gelegt werden. Neue Kriege, neue Unsicherheit und eine neue Wirtschaftsnot w rden die Folge sein. Der Ausbruch eines solchen Wahnsinns ohne Ende aber m te zum Zusammenbruch der heutigen Gesellschafts- und Staatsordnung f hren.