Qualität und Vermarktung von Olivenölen in der ...

1 Dr. Torben K chler (Eurofins) - 1 - Januar 2020 Dr. Ina Willenberg (MRI) Qualit t und Vermarktung von Oliven len in der Europ ischen Union Dr. Torben K chler1 und Dr. Ina Willenberg2 1 Eurofins Analytik GmbH Neul nder Kamp 1 21079 Hamburg Tel. 040 49294 1258 2 Max Rubner-Institut, Arbeitsgruppe Lipidforschung, Sch tzenberg 12, 32756 Detmold Tel. 05231 741-348 Vorbemerkung Dieses Dokument stellt eine Kommentierung der geltenden Rechtsvorschriften dar, die beim Inverkehrbringen und Kennzeichnen von Oliven l zu beachten sind. Erstmals her-ausgegeben wurde es Anfang der 1990er Jahre von Dr. Hans-Jochen Fiebig. Es richtet sich in erster Linie an deutschsprachige Inverkehrbringer von Oliven len, die sich mit der Kennzeichnung besch ftigen. Um diesen Inverkehrbringern die Gestaltung eines beanstandungsfreien Etiketts zu erm glichen, haben wir die strengst m glichen Ausle-gungen der Kennzeichnungsvorschriften angewandt. Diese Erkenntnisse erlangen wir aus Gespr chen mit Handel, berwachungsbeh rden, Fachanw lten f r Lebensmittel-recht und in direkter R cksprache mit der Europ ischen Kommission.

2 Durch den Vertrag von Lissabon ist seit Januar 2014 eine neue Kategorie von Rechts-akten m glich geworden. Es handelt sich hierbei um den 1. delegierten Rechtsakt 2. Durchf hrungsrechtsakt Bei einem delegierten Rechtsakt bertr gt der Gesetzgeber - also das Europ ische Parlament oder der Europ ische Rat - der Kommission die Befugnis zum Erlass von Ma nahmen, die er selbst erlassen k nnte (Delegation legislativer Befugnisse). W h-rend die Kommission beim delegierten Rechtsakt einen bestehenden Gesetzgebungs-akt erg nzt oder ab ndert und damit im Auftrag des Rates und Parlamentes t tig wird, dient der Erlass von Durchf hrungsrechtsakten der Schaffung einheitlicher Bedingun-gen f r die einzelnen Mitgliedstaaten zur Durchf hrung und Umsetzung eines Rechts-aktes. Er geh rt damit zum eigentlichen T tigkeitsfeld der Kommission und ist dem Be-reich der Gesetzesanwendung und Ausf hrung zuzuordnen. Die bestehenden Verord-nungen sind daher zu berarbeiten und entweder als delegierte Verordnung oder Durchf hrungsverordnung neu zu ver ffentlichen.

3 F r den Bereich der Oliven lregelungen hei t dies, dass alle Grenzwerte oder sonsti-gen rechtlichen Bestimmungen wie die Probenahme in einem delegierten Rechts-Qualit t und Vermarktung von Oliven len in der Europ ischen Union Dr. Torben K chler (Eurofins) - 2 - Januar 2020 Dr. Ina Willenberg (MRI) akt erlassen werden, w hrend die Analysenmethoden zu den Durchf hrungs-rechtsakten geh ren. Weiter sei darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Dokument um eine rechtlich unverbindliche Erl uterung zu den geltenden Rechtsvorschriften handelt, die wir mit wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie Wissen aus der t glichen Praxis angereichert haben. Dieses Dokument dient in erster Linie dazu, Inverkehrbringern von Oliven len auf dem deutschen Markt einen Leitfaden an die Hand zu geben. F r eine abschlie en-de rechtliche W rdigung eines Oliven ls bzw. der Etikettgestaltung einer Oliven lfertig-packung sind immer die prim ren Rechtsquellen sowie ggf.

4 Die Hilfe eines Gutachters zu bem hen. Haftungsanspr che gegen die Autoren, welche sich auf Sch den materiel-ler oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebote-nen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollst ndiger Informatio-nen verursacht wurden, sind ausgeschlossen. Qualit t und Vermarktung von Oliven len in der Europ ischen Union Dr. Torben K chler (Eurofins) - 3 - Januar 2020 Dr. Ina Willenberg (MRI) A) bersicht Die Qualit t von Oliven- und Oliventrester len sowie deren Vermarktung innerhalb der Europ ischen Union wird direkt durch die drei nachfolgenden EWG/EG/EU-Verordnungen geregelt und sichergestellt: I. Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 [1] des Rates vom 17. Dezember 2013 ber eine gemeinsame Marktorganisation f r landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhe-bung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr.

5 1234/2007 II. Verordnung (EWG) Nr. 2568/91 [2] der Kommission vom 11. Juli 1991 ber die Merkmale von Oliven len und Oliventrester len sowie die Verfahren zu ihrer Be-stimmung III. Durchf hrungsverordnung (EU) Nr. 29/2012 [3] der Kommission vom 13. Januar 2012 mit Vermarktungsvorschriften f r Oliven l Dar ber hinaus sind weitere horizontale Regelungen zur Kennzeichnung von Lebens-mitteln, die vorwiegend in den nachfolgenden drei Verordnungen zu finden sind, zu be-r cksichtigen: IV. Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 [4] des Europ ischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher ber Lebensmit-tel und zur nderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europ ischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europ -ischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr.

6 608/2004 der Kommission V. Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 [5] des Europ ischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 ber Qualit tsregelungen f r Agrarerzeugnisse und Le-bensmittel VI. Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 [6] des Europ ischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 ber n hrwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln Qualit t und Vermarktung von Oliven len in der Europ ischen Union Dr. Torben K chler (Eurofins) - 4 - Januar 2020 Dr. Ina Willenberg (MRI) B) Die Verordnungen im Detail I. Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vom 17. Dezember 2013 Der Rat der Europ ischen Union hat mit der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 mit Wir-kung vom 1. Januar 2014 Regelungen ber die Gemeinsame Marktordnung (GMO) und Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) konsolidiert. Die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 legt in Artikel 1 (2) Buchstabe g) den Anwen-dungsbereich auch f r Oliven l und Tafeloliven fest. Artikel 6 Buchstabe c) setzt das Wirtschaftsjahr f r den Sektor Oliven l und Tafeloliven (iii) vom 1.

7 Juli bis 30. Juni des darauf folgenden Jahres fest. Weiterhin werden in Kapitel I die ffentliche Intervention und die Gew hrung von Beihilfen f r die private Lagerhaltung (Artikel 33) bzw. Markt-teilnehmerorganisationen (Artikel 29, 30) geregelt. Artikel 75 erm chtigt die Kommissi-on, Vermarktungsnormen f r Oliven l und Tafeloliven zu erlassen. Die Bezeichnungen und Begriffsbestimmungen f r Oliven l und Oliventrester l sind gem Artikel 78 dieser Verordnung verbindlich festgelegt und sind in Anhang VII Teil VIII aufgelistet. Nach Abs. 2 von Artikel 78 k nnen nur le der Nummer 1 Buchstabe a und b, Nummer 3 und Nummer 6 im Einzelhandel vermarktet werden. Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 29/2012 definiert Einzelhandel als den Verkauf von len an den Endverbraucher in unver ndertem Zustand oder als Bestandteil eines Lebensmit-tels. Anhang VII Teil VIII der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 sieht die nachfolgenden Be-zeichnungen und Begriffsbestimmungen f r Oliven l und Oliventrester l vor: 1.

8 Native Oliven le le, die aus der Frucht des lbaumes ausschlie lich durch mechanische oder sonstige phy-sikalische Verfahren unter Bedingungen, die nicht zu einer Verschlechterung des ls f hren, gewonnen wurden und die keine andere Behandlung erfahren haben als Waschen, Dekan-tieren, Zentrifugieren und Filtrieren, ausgenommen le, die durch L sungsmittel, durch chemische oder biochemische Hilfsmittel oder durch Wiederveresterungsverfahren gewon-nen wurden, sowie jede Mischung mit len anderer Art. Native Oliven le werden ausschlie lich in folgende G teklassen und Bezeichnungen einge-teilt: a) Natives Oliven l extra Natives Oliven l mit einem Gehalt an freien Fetts uren, berechnet als ls ure, von h chstens 0,8 g je 100 g sowie den sonstigen f r diese Kategorie vorgesehenen Merk-malen. b) Natives Oliven l Natives Oliven l mit einem Gehalt an freien Fetts uren, berechnet als ls ure, von h chstens 2 g je 100 g sowie den sonstigen f r diese Kategorie vorgesehenen Merkma-len.

9 C) Lampant l Natives Oliven l mit einem Gehalt an freien Fetts uren, berechnet als ls ure, von mehr als 2 g je 100 g und/oder den sonstigen f r diese Kategorie vorgesehenen Merk-malen. Qualit t und Vermarktung von Oliven len in der Europ ischen Union Dr. Torben K chler (Eurofins) - 5 - Januar 2020 Dr. Ina Willenberg (MRI) 2. Raffiniertes Oliven l Durch Raffinieren von nativen Oliven len gewonnenes l mit einem Gehalt an freien Fett-s uren, berechnet als ls ure, von h chstens 0,3 g je 100 g sowie den sonstigen f r diese Kategorie vorgesehenen Merkmalen. 3. Oliven l bestehend aus raffiniertem Oliven l und nativem Oliven l Verschnitt von raffiniertem Oliven l mit nativen Oliven len, au er Lampant l, mit einem Ge-halt an freien Fetts uren, berechnet als ls ure, von h chstens 1 g je 100 g sowie den sons-tigen f r diese Kategorie vorgesehenen Merkmalen. 4. Rohes Oliventrester l l aus Oliventrester, das durch Behandlung mit L sungsmitteln oder auf physikalische Wei-se gewonnen wurde oder das, mit Ausnahme bestimmter Merkmale, Lampant l entspricht, mit Ausnahme von durch Wiederveresterungsverfahren gewonnenen oder durch Mischung mit len anderer Art gewonnenen len und mit den sonstigen f r diese Kategorie vorgese-henen Merkmalen.

10 5. Raffiniertes Oliventrester l Durch Raffinieren von rohem Oliventrester l gewonnenes l mit einem Gehalt an freien Fetts uren, berechnet als ls ure, von h chstens 0,3 g je 100 g sowie den sonstigen f r diese Kategorie vorgesehenen Merkmalen. 6. Oliventrester l Verschnitt von raffiniertem Oliventrester l mit nativen Oliven len, au er Lampant l, mit ei-nem Gehalt an freien Fetts uren, berechnet als ls ure, von h chstens 1 g je 100 g sowie den sonstigen f r diese Kategorie vorgesehenen Merkmalen. Rohes Oliventrester l wird aufgrund technologischer Ver nderungen nicht mehr aus-schlie lich durch L sungsmittelextraktion, sondern auch durch eine zweite Zentrifugati-on des mit Wasser versetzten Tresters gewonnen. Diese le aus der zweiten Zentrifu-gation entsprechen, je nach angewandten Bedingungen, in ihren Eigenschaften eher Lampant len und sind von diesen nur durch die Analyse des Wachsgehaltes, der lang-kettigen aliphatischen Alkohole und den Gehalt an Erythrodiol und Uvaol abzugrenzen.