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Müssen „Minusstunden“ nachgeleistet werden?

Die deutschlandweite Anwaltskooperation f r Arbeitnehmerinnen und arbeitnehmer , Betriebs- und Personalr te Rundbrief Nr. 15. September 2011 Kanzlei Sieling Winter Dette Nacken M ssen Minusstunden . Tilo Winter*, Dieter Dette*, Michael nachgeleistet werden? Nacken*, Sonja Litzig*, Dr. jur. Pelin Ein berblick zur Rechtslage t*, Daniel Staack*, Dilek Erg n Das Bundesarbeitsgericht hat 2011 Am Wall 190. entschieden: Minusstunden kann der Ar- 28195 Bremen Telefon: 0421 - 33 75 70. beitgeber nur nachfordern, wenn sie Telefax: 0421 - 32 58 36. wirksam entstanden sind. Ma geblich ist hierbei die Einhaltung der Vorgaben des anzuwendenden Tarifvertrages.

4 www.arbeitnehmer-anwaelte.de — Rundbrief September 2011 te. Belastet der Arbeitgeber das Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers zu Unrecht mit Mi-

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1 Die deutschlandweite Anwaltskooperation f r Arbeitnehmerinnen und arbeitnehmer , Betriebs- und Personalr te Rundbrief Nr. 15. September 2011 Kanzlei Sieling Winter Dette Nacken M ssen Minusstunden . Tilo Winter*, Dieter Dette*, Michael nachgeleistet werden? Nacken*, Sonja Litzig*, Dr. jur. Pelin Ein berblick zur Rechtslage t*, Daniel Staack*, Dilek Erg n Das Bundesarbeitsgericht hat 2011 Am Wall 190. entschieden: Minusstunden kann der Ar- 28195 Bremen Telefon: 0421 - 33 75 70. beitgeber nur nachfordern, wenn sie Telefax: 0421 - 32 58 36. wirksam entstanden sind. Ma geblich ist hierbei die Einhaltung der Vorgaben des anzuwendenden Tarifvertrages.

2 Was bedeutet diese Entscheidung in der * Fachanwalt f r Arbeitsrecht Praxis? Dem gehen wir am Beispiel des Einzelhandels nach: 1. Minusstunden und der sogenannte Fixschuldcharakter der Arbeit Der Begriff Minusstunden wird in Betriebsvereinbarungen gerne gew hlt, wenn bei einer flexiblen Verteilung der Arbeitszeit Besch ftigte unterhalb ihrer regelm igen vertragli- chen Arbeitszeit zum Einsatz kommen sollen und diese Zeiten nicht verfallen, sondern vom Unternehmen sp ter in Anspruch genommen werden sollen. Viele Betriebsvereinba- rungen f hren diesen Begriff an und regeln Voraussetzungen, unter denen Minusstunden entstehen sollen und nachgearbeitet werden m ssen.

3 Das Arbeitsrecht geht davon aus, dass die Arbeit in der Regel eine Fixschuld ist. Das bedeutet, dass Arbeit an dem Tag und in der Woche zu erbringen ist, zu dem oder in der sie vertraglich geschuldet wird. Sie kann und muss nicht nach- geholt werden, wenn sie nicht zum vertraglich geschuldeten 615 BGB. Zeitpunkt erbracht wurde. Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in 2. Der Annahmeverzug, 615 BGB Verzug, so kann der Verpflichtete f r die infolge des Verzugs nicht Waren Besch ftigte bereit zu arbeiten und hat das Unterneh- geleisteten Dienste die vereinbar- men die Arbeit nicht in Anspruch genommen (zum Beispiel te Verg tung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.)

4 Durch Einteilung in den Dienstplan), entsteht der sogenannte ( ). Annahmeverzug (der arbeitgeber nimmt die Arbeit nicht an). F r diesen Fall bestimmt 615 BGB, dass leistungsbereite Be- sch ftigte zu verg ten sind, ohne die Arbeit nachholen zu m ssen. Rundbrief September 2011 1. Das bedeutet: Vertragstreue Besch ftigte kommen ihren Vertragspflichten nach, wenn sie zur Arbeitsleistung bereit sind; die Arbeit zuweisen und einteilen muss das Unternehmen. 3. BAG: Minusstunden setzen eine wirksame Umsetzung des Tarifvertrags voraus Das Bundesarbeitsgericht hebt in seiner Entscheidung als zentrale Aussage hervor: Die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden setzt voraus, dass der Arbeit- geber diese Stunden im Rahmen einer verstetigten Verg tung entlohnt hat und der Ar- beitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist, weil er die in Minusstunden ausgedr ckte Arbeitszeit vorschussweise verg tet erhalten hat.

5 Es ist eine weit verbreitete Ungenauigkeit, dass sich Betriebsvereinbarungen zu flexiblen Arbeitszeitmodellen mit einer Jahresarbeitszeit ausschlie lich auf 87 Abs. 1 Ziff. 2. BetrVG (Verteilung der Regelarbeitszeit) in Verbindung mit den entsprechenden Tarif- vertr gen st tzen. Einigungsstellen bersehen h ufig den Aspekt, dass es bei Jahresar- beitszeitregelungen immer auch um 87 Abs. 1 Ziff. 4 BetrVG (Zeitpunkt der Auszahlung der Entgelte) geht. Denn mit einer Jahresarbeitszeitregelung wird immer auch festgelegt, dass Stunden, die in dem einen Monat geleistet werden, nicht automatisch in diesem zur Auszahlung kommen, sondern geschoben werden.

6 Die Kehrseite ist, dass Minusstunden anfallen k nnen, ohne dass das Entgelt sinkt, dass aber diese Stunden nachgeleistet werden m ssen. F r die nicht geleisteten Stunden gibt es nur einen Verg tungsvorschuss, sie sind noch zu erbringen. Das Prinzip des 615 BGB. greift nicht, wenn die Regelung wirksam ist (und die Einigungsstelle 87 Abs. 1 Ziff. 4. BetrVG beachtet hat). Das setzt aber voraus so eine weitere Kernaussage des Bundesarbeitsgerichts , dass die unregelm ige Verteilung der Arbeitszeit tarifgerecht erfolgt ist: Der Beklagte hat die arbeitsvertraglich vereinbarte tarifliche Jahresarbeitszeit nicht wirksam unregelm ig verteilt.

7 Der Kl ger war deshalb nicht zur Nachleistung ver- pflichtet.. Dies bedeutet: Minusstunden k nnen rechtlich nur entstehen, wenn eine Nachleistungs- pflicht f r nicht erbrachte Stunden rechtlich besteht. Die einschl gigen rechtlichen Be- stimmungen, insbesondere die Tarifvertr ge, m ssen zu diesem Zweck korrekt umgesetzt werden. Nach dem vom Bundesarbeitsgericht behandelten tariflichen Fall h tte das Unternehmen die Jahresarbeitszeit jeweils im Voraus auf die Monate, Wochen und Wochentage ver- teilen und den Arbeitnehmern die Verteilung zumindest in Textform bekanntgeben m ssen.. Da der Beklagte eine Vorgabe der Arbeitszeitverteilung unterlie , vielmehr einen fle- xiblen Abruf zur Arbeit pflegte, kam er mit Ablauf eines jeden Arbeitstags in Annahme- verzug, wenn und soweit er die sich aus Arbeits- und Tarifvertrag ergebende Sollarbeits- 2 Rundbrief September 2011.

8 Zeit nicht aussch pfte. ( ) Die Verantwortung f r die Arbeitszuweisung und -einteilung lag allein beim Beklagten, der entgegen arbeits- und tarifvertraglichen Vorgaben einen flexiblen Abruf des Arbeitnehmers in Anspruch nahm. Ruft der arbeitgeber in einer sol- chen Situation die Arbeit vertragswidrig nicht im Umfang der vom arbeitnehmer ge- schuldeten Arbeitszeit und entsprechend der arbeitsvertraglich vereinbarten oder vom arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts (ggf. unter Beteiligung des Betriebsrats nach 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) festzulegender Verteilung ab, bedarf es eines Angebots der Arbeitsleistung [durch Besch ftigte] nach 296 Satz 1 BGB nicht.

9 4. Minusstunden im Einzelhandel? Dem 5 des Manteltarifvertrages f r den bayerischen Einzelhandel und f r Teilzeitbe- sch ftigte erg nzend dem Arbeitsvertrag l sst sich entnehmen, in welchem zeitlichen Umfang das Unternehmen von Besch ftigten Arbeit einfordern kann. Der Regelfall ist die Wochenarbeitszeit bei Verteilung auf f nf Arbeitstage, also bei 37,5 Stunden w chentlich eine t gliche Sollarbeitszeit von 7,5 Stunden. Diese Arbeit kann der arbeitgeber anneh- men , also zum Beispiel durch Bekanntgabe des Schichtplans einfordern. Wird ein Be- sch ftigter nicht eingeteilt, liegt Annahmeverzug vor.

10 Nimmt der arbeitgeber Arbeitsleis- tungen, die er nach dem Arbeitsvertrag fordern kann, nicht an, gilt 615 BGB. Selbstver- st ndlich besteht die Verpflichtung zur ungek rzten Verg tungszahlung. In anderen Bundesl ndern gelten hnliche Regelungen. Besch ftigte und Unternehmen mit Arbeitszeitkonten gehen oft rechtsirrig davon aus, dass bei Minusstunden diese Stunden immer nachzuleisten seien. Der Fixschuldcharakter der Arbeit gilt aber auch im Einzelhandel. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers m ssen Minusstunden im Regelfall nicht nachgeleistet werden, ohne dass die Verg tung ge- k rzt werden darf; das stellt 615 BGB ausdr cklich auch klar.


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