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Die verschiedenen Bedeutungsstufen des …

Nr. 21 Die verschiedenen Bedeutungsstufen des VorvertragesIn: Berner Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1979,Hrsg. von Eugen Bucher und Peter Saladin,Bern/Stuttgart (Haupt) 1979S. 169-195 Die verschiedenen Bedeutungsstufendes VorvertragesI. AbgrenzungUnter Vorvertrag soll hier verstanden werden der schuldrechtliche Vertrag, derzum Abschluss eines weiteren schuldrechtlichen Vertrages (des. ) verpflichtet, der seinerseits entweder zwischen den gleichenVertragsparteien geschlossen werden soll (zweiseitiger Vorvertrag) oder aber voneinem der Partner des vorvertrages mit einem Dritten (einseitiger Vorvertrag).Die nachfolgenden berlegungen wollen zeigen, dass die Erscheinung desVorvertrages nicht ein einheitliches Ph nomen ist und die an Vorvertr ge zukn pfenden Rechtsfolgen (bloss Schadenersatz, Klage auf Abschluss desHauptvertrages oder gar direkte Exekution des zu schliessenden Hauptvertrages?)

Nr. 21 Die verschiedenen Bedeutungsstufen des Vorvertrages In: Berner Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1979, Hrsg. von Eugen Bucher und Peter Saladin,

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1 Nr. 21 Die verschiedenen Bedeutungsstufen des VorvertragesIn: Berner Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1979,Hrsg. von Eugen Bucher und Peter Saladin,Bern/Stuttgart (Haupt) 1979S. 169-195 Die verschiedenen Bedeutungsstufendes VorvertragesI. AbgrenzungUnter Vorvertrag soll hier verstanden werden der schuldrechtliche Vertrag, derzum Abschluss eines weiteren schuldrechtlichen Vertrages (des. ) verpflichtet, der seinerseits entweder zwischen den gleichenVertragsparteien geschlossen werden soll (zweiseitiger Vorvertrag) oder aber voneinem der Partner des vorvertrages mit einem Dritten (einseitiger Vorvertrag).Die nachfolgenden berlegungen wollen zeigen, dass die Erscheinung desVorvertrages nicht ein einheitliches Ph nomen ist und die an Vorvertr ge zukn pfenden Rechtsfolgen (bloss Schadenersatz, Klage auf Abschluss desHauptvertrages oder gar direkte Exekution des zu schliessenden Hauptvertrages?)

2 Differenzierend zu betrachten sind. Um wenigstens im Ausgangspunkt eineneinheitlichen Untersuchungsgegenstand zu gewinnen, ist der Vorvertrag vorweggegen verwandte Erscheinungen abzugrenzen1. Aus der Betrachtung habenauszuscheiden:- die sog. Punktationen, d. h. die Fixierung eines im Verlauf vonVertragsverhandlungen erreichten Zwischenergebnisses, das sich vomVorvertrag dadurch unterscheidet, dass die Parteien sich damit nicht zumAbschluss des endg ltigen Vertrages verpflichten, sondern in derGrundsatzentscheidung, ob berhaupt ein Vertrag zu schliessen sei, frei bleiben;- die bei Abschluss eines Vertrages vereinbarte Pflicht, einen bereits formlosgeschlossenen Vertrag schriftlich (oder in anderer qualifizierter Form) zufixieren. Hier liegt der Vertragsschluss bereits vor; das Nachholen 1 Der Terminus Vorvertrag war der lteren Pandektistik (so z.)

3 B. SAVIGNY in seinemObligationenrecht, Bd. II Berlin 1853, p. 245) noch unbekannt; er wurde anscheinend (als bersetzung des altbekannten pactum de contrahendo) von HEINRICH TH L in der dritten Auflage(1854) seines Handelsrechts, Bd. I 62, gepr gt (so die Hinweise von WINDSCHEID PandektenBd. II 310 A. la, ROTH, p. 2 und WABNITZ, p. 6). Der Ausdruck hat sich seiner K rze wegenhalten k nnen, ist im brigen jedoch ungl cklich gew hlt und zu recht kritisiert worden; so etwa vonWABNITZ, p. 8 und den dort Genannten sowie die unter Ziff. III genannten schweizerischen 21 Vorvertrag{169-195}170der Fixierung des Vertrages hat nur beweisrechtliche Bedeutung, soll aber ander materiellen Rechtslage nichts ndern2;- der schuldrechtliche Vertrag, der zu einer Verf gung (Eigentums bertragung,Pfandbestellung, Zession od. dgl.) zwingt, die ihrerseits rechtsgesch ftlichen(vertraglichen) Charakter hat, aber nicht schuldrechtlich ist (nicht zu einerLeistung verpflichtet, sondern vielmehr selber eine in Vollzug einesschuldrechtlichen Vertrages ergehende Leistung darstellt);- der Vertrag, der dem einen Partner eine Wahlbefugnis hinsichtlich der eigenenLeistung oder jener des Gegners einr umt: Es wird hier zwar demWahlberechtigten die M glichkeit gegeben, den Vertragsinhalt in bestimmtenGrenzen nach seinem Belieben zu konkretisieren, die vertragliche Bindung alssolche besteht jedoch von Anfang an und vor Aus bung des Wahlrechts;- durch einseitige, auf Vertragsabwicklung gerichtete Willenserkl rung einesPartners bedingte Vertr ge, die dem entscheidungsbefugten Partner eine (z.

4 B. Kaufrecht, Recht zum Abschluss oder der einseitigenVerl ngerung eines Mietvertrages u. dgl.) einr umen und die sich vonVorvertr gen dadurch unterscheiden, dass der Hauptvertrag als solcher, wennauch unter die Willensbedingung eines Partners gestellt, bereits geschlossen istund insbesondere nicht mehr der rechtsgesch ftlichen Erkl rung des durch dieOption belasteten Partners bedarf;- der Vorrechtsvertrag, mit dem ein Vorkaufsrecht od. dgl. einger umt wird undder sich von der Einr umung einer Option dadurch unterscheidet, dass dieVertragsg ltigkeit zus tzlich durch den "Vorrechtsfall" (beim der "Vorkaufsfall"), d. h. den Abschluss eines entsprechenden Vertragesseitens des Belasteten mit einem Dritten bedingt ist, der erst dem Berechtigtendie Aus bung seines Vorrechts erm glicht3;- der von der Doktrin zur Begr ndung einer Haftung aus culpa in contrahendoallenfalls konstruierte Vertrag, der, wenn man dieser Auffassung folgt,vertragliche oder vertrags hnliche Treuepflichten im Hinblick auf 2 Im Falle der Nichterf llung scheidet daher ein Schadenersatzanspruch aus, ebenso die Klage aufErf llung (d.

5 H. Erstellung des Vertragsdokumentes). Denkbar w re, ein Feststellungsinteressevorausgesetzt, lediglich eine Klage auf Feststellung, dass der Vertrag in geschehenem Sinngeschlossen Wobei sich im Zusammenhang der Vorvertr ge die Frage stellt, ob der Abschluss eines Vorvertragesoder erst der Abschluss des Hauptvertrages den Vorrechtsfall, insbesondere Vorkaufsfall, dazu MEIER-HAYOZ, Berner Komm. Sachenrecht N 178 f. zu Art. 681 21 Vorvertrag{169-195}171die Vertragsverhandlungen begr ndet, nicht jedoch die Pflicht zum Abschlusseines bestimmten Vertrages impliziert;- ein als "Grundvertrag" oder hnlich bezeichneter Vertrag, der von den Parteiengeschlossen wird im Hinblick auf k nftige "Einzelvertr ge" ("Objektvertr ge","Liefervertr ge" oder wie sie immer genannt werden m gen, welche einekonkrete Transaktion zum Gegenstand haben und die zu erbringendenLeistungen spezifizieren), der zwar den rechtlichen Rahmen der Einzelvertr geabstecken will (Festlegung von Liefer- und Zahlungsbedingungen, Rechtswahl-und Schiedsklauseln u.

6 Dgl.), indessen nicht zum Abschluss derartigerEinzelvertr ge verpflichtet4. In der Literatur wird gelegentlich der Begriff desVorvertrages auf den Vorvertrag im engeren Sinne (auch "zweiseitigerVorvertrag" genannt) eingeschr nkt, bei dem die Parteien des vorvertrages unddes Hauptvertrages dieselben sind5, w hrend der Vorvertrag im weiteren Sinn(auch "einseitiger Vorvertrag"; das pactum de contrahendo cum tertio), derbloss den einen Vertragspartner zum Kontrahieren zwingt, und zwar mit einemam Vorvertrag nicht beteiligten Dritten, ausgenommen wird. Im Hinblick auf dienachfolgenden berlegungen besteht zu einer derartigen Einschr nkung keinAnlass; allerdings k nnen die beim pactum de contrahendo cum tertio sichstellenden Sonderprobleme hier nicht er rtert Gesetzliche Regelung (OR 22)W hrend das alte Obligationenrecht keine entsprechende Bestimmung kannte,f hrte die Revision in OR 22 eine gesetzliche Regelung des Instituts desVorvertrags ein, derzufolge "durch Vertrag.

7 Die Verpflichtung zum Abschlusseines k nftigen Vertrages begr ndet werden" kann (Abs. I) und wonach zum Schutzder Vertragsschliessenden aufgestellte Formvorschriften auch f r den Vorvertraggelten (Abs. II). 4 Zu Grundvertr gen in diesem Sinne kann indessen das Element eines vorvertrages hinzutreten,wenn die Parteien einen bestimmten Minimalumfang ihrer Gesch ftsbeziehungen festlegen, der einePartner z. B. zu Warenbez gen in bestimmtem Umfang, der Gegner zu entsprechenden Lieferungenverpflichtet So etwa WABNITZ, p. 2 Anm. Ob der Drittkontrahent aus dem Vorvertrag selbst ndig Anspr che erheben kann, bestimmt sichnach den Regeln von OR 112. Bei Weigerung des Dritten, zu kontrahieren, liegt eine Unm glichkeitder Erf llung i. S. von OR 119 vor, die den Schuldner befreit. Wenn der Partner des Vorvertragesseinerseits die Abschlussbereitschaft des Dritten zugesichert hat, kann ihn eine Ersatzpflicht nachOR 111 21 Vorvertrag{169-195}172 Die gesetzliche Verankerung des Instituts des Vorvertrags in Absatz I ist um sobeachtlicher, als das deutsche BGB, auf dessen Vorbild die meisten inhaltlichenNeuerungen der Revision zur ckgehen, keine entsprechende Vorschrift Zeit der Revision war das Institut des vorvertrages in der Praxis fest verankert,wie eine Reihe von Entscheidungen des Bundesgerichts zeigen7.

8 Die Statuierungdes Grundsatzes von Absatz I muss daher, vom historischen Gesetzgeber ausbetrachtet, als Aus fluss der Absicht verstanden werden, die damalige Praxis undtheoretischen Auffassungen, soweit sie sich zugunsten des Instituts desVorvertrages aussprachen, "festzuschreiben", d. h. zu fixieren und in derGesetzgebung sichtbar zu machen8. Diese Feststellung erlangt in der FolgeBedeutung, wenn sich erweist, dass die heutigen Tendenzen im Verst ndnis und derHandhabung des Instituts des vorvertrages denjenigen zur Zeit der Revisiondes OR, d. h. der Jahre um die Jahrhundertwende, g nzlich entgegengesetzt weiter unten. Als berfl ssig darf der neu eingef gte Art. 22/I OR schondeshalb nicht bezeichnet werden, weil die M glichkeit des vorvertrages , wie auchdie Diskussion im vergangenen Jahrhundert beweist, nicht zwangsl ufig imGrundsatz der Vertragsfreiheit mitenthalten ist: Diese k nnte dahin verstandenwerden, dass Gegenstand vertraglicher Pflichten nur direkte vertraglicheLeistungen, nicht aber die Bildung eines vertraglichen oder sonstwierechtsgesch ftlichen Willens zum Inhalt haben k nne, dieser vielmehrwesensm ssig auf freiem Entschluss beruhen m sse.

9 RechtsvergleichendesAnschauungsmaterial liefert das englische Recht, das ohne gesetzlicheGrundlage, sondern aufgrund allgemeiner rechtlicher berlegungen Vorvertr geablehnt9. 7 BGE 31 II 644 E. 2; 25 II 453 E. 2; 21 p. 633 E. 4; 18 p. 899 E. 2; 15 p. 767 E. 3 Der Blick in die zeitgen ssische Literatur vermag weitgehend auch zu erkl ren, weshalb derGesetzgeber des BGB in den Neunzigerjahren glaubte, auf eine Erw hnung des Vorvertragesverzichten zu k nnen, der Gesetzgeber der Revision des OR im ersten Jahrzehnt unseresJahrhunderts dagegen nicht: Gegen ber Vorbehalten in der lteren Pandektistik (vgl. als wichtigstenSAVIGNY, a. a. O.) hatte sich in der neueren Theorie eine die Vorvertr ge vorbehaltlos bejahendeAuffassung durchgesetzt (vgl. statt vieler WINDSCHEID, Pandekten Bd.)

10 II 310, von denmonographischen Abhandlungen die vielbeachtete von DEGENKOLB), wie auch die Praxis dieVorvertr ge anerkannte (vgl. die obigen Hinweise auf die bundesgerichtliche Praxis, die sich in derTendenz nicht von der deutschen unterschieden haben d rfte). Es war erst SCHLOSSMANN, der imJahre 1903 einen Frontalangriff gegen das Institut f hrte und mit seinen aufsehenerregendenAusf hrungen eine unsichere theoretische Lage schuf. Der in diesen Jahren geschaffene Art. 22rev. OR muss demnach als "Anti-Schlossmann-Paragraph" verstanden werden, mit dem diebisherige Auffassung von Theorie und Praxis gegen ber Schlossmanns Angriffen f r die Zukunftsichergestellt werden Siehe HENRICH, p. 69 ff. und die dortigen Hinweise auf die englische 21 Vorvertrag{169-195}173 Die in Absatz II vorgesehene Ausdehnung von vertraglichen Formvorschriftenauf Vorvertr ge wird uns im folgenden nicht weiter besch ftigen; immerhin d rfenauch dazu einige Bemerkungen angebracht werden.